Rz. 15
Obwohl § 64 StBerG einen zwingenden Gesetzesbefehl zum Erlass einer Gebührenordnung erteilt, ist eine solche erst 1982 in Kraft getreten. Schon in den ersten Nachkriegsjahren bis 1970 wurde die "Allgemeine Gebührenordnung für die wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe" (AllGO) von fast allen Berufsangehörigen angewandt. Diese regelte nicht nur die Originäraufgaben der betroffenen Personenkreise, sondern darüber hinaus in den §§ 55–66 auch die Vergütung für vereinbare Tätigkeiten, insbesondere die Beratung und Wahrung fremder Interessen in wirtschaftlichen Angelegenheiten und treuhänderische Verwaltungstätigkeiten. Hierzu hat der BGH 1969 festgestellt (Urt. v. 29. 09. 1969 – VII ZR 108/67, NJW 1970, 699), dass solche Gebührenregelungen als "verbandsinterne Honorierungsrichtlinien" anzusehen seien, die keine allgemeine Verkehrsgeltung erlangt hätten. Aus diesem Grunde hat das Bundeskartellamt die Weiterverbreitung der AllGO als ordnungswidrige Preisempfehlung beanstandet. Daraufhin hat der Berufsstand den Erlass einer Gebührenordnung, zunächst bis 2012 die StBGebV, nunmehr die StBVV durchgesetzt.
Rz. 15a
Die StBGebV ist mit Wirkung vom 01. 04. 1982 in Kraft getreten (§ 49). Sie orientierte sich in wesentlichen Teilen an der BRAGO, wie der allgemeine Teil in den ersten drei Abschnitten (§§ 1–20) ausweist, formuliert sodann aber in seinem auf die Originärtätigkeiten eines StB zugeschnitten besonderen Teil (4.–7. Abschnitt) konkrete Berechnungsansätze zur Bestimmung des Honorars. Diese Gliederung ist auch 2012 bei der Umbenennung in "StBVV" beibehalten worden.
Rz. 16
Die Bundessteuerberaterkammer hat im Jahr 2003 zusammengefasst, dass für freie Berufe nach wie vor zahlreiche gute Gründe für eine Honorarordnung bestehen. Qualitätssicherung, Kostentransparenz, fachliche Unabhängigkeit, leistungsgerechte Vergütung und Kalkulationssicherheit einerseits wie aber auch andererseits Verbraucherschutz und Rechtssicherheit sowie Rechtsfrieden sprechen auch zukünftig für Gebührenverordnungen bei den Angehörigen der steuerberatenden Berufe. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass auch auf europäischer Ebene die Vorgaben von Gebührenordnungen der freien Berufe stark umstritten sind (vgl. bspw. EuGH v. 19. 02. 2002 – C‑35/99, DStRE 2002, 598). Dies führte zu der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland insbesondere mit dem Ziel, dass auch niedrigere Gebühren als nach einer stringenten Vergütungsverordnung zulässig vereinbart werden können (vgl. ausführlich Rz. 26f).