Rz. 65
Mit dem 8. StBerÄndG vom 08. 04. 2008 (BGBl. I 2008, 666) wurde die Möglichkeit der Abtretung von Honorarforderungen völlig neu gefasst. § 64 Abs. 2 StBerG lautet nunmehr:
Zitat
Die Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Personenvereinigungen im Sinne des § 3 Nr. 1–3 und von diesen gebildeten Berufsausübungsgemeinschaften (§ 56) ist auch ohne Zustimmung des Mandanten zulässig. Im Übrigen sind Abtretungen oder Übertragungen nur zulässig, wenn eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Vor der Einwilligung ist der Mandant über die Informationspflicht des StB oder StBv gegenüber dem neuen Gläubiger oder Einziehungsermächtigten aufzuklären. Der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte ist in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der beauftragte StB oder StBv.
Rz. 66
Insofern musste die alte Fassung mit einem strengen Abtretungsverbot in § 46 BOStB a. F. entfallen. Dort war bestimmt, dass die Abtretung von Gebührenforderungen an einen anderen StB mit Zustimmung des Auftraggebers zulässig sei (Abs. 1), aber eine Abtretung ohne Zustimmung des Auftraggebers an einen anderen StB nur dann zulässig wäre, wenn berechtigte eigene Interessen des abtretenden StB vorliegen.
Rz. 67
Diese bis Anfang 2008 geltenden strengen Regeln eines fast generellen Verbotes einer Abtretung von Honorarforderungen gingen auf die Rechtsprechung des BGH (BGH v. 25. 03. 1993 – IX ZR 192/92, MDR 1993, 581) zurück. Dabei wurde nicht einmal berücksichtigt, ob der Abtretungsempfänger ebenfalls zur Verschwiegenheit verpflichtet war (BGH, Urt. v. 13. 05. 1993 – IX ZR 234/92, AnwBl. 1993, 529). Im Hinblick auf die Pfändbarkeit von Honorarforderungen machte die Rechtsprechung jedoch schon Ausnahmen (BGH, Urt. v. 25. 03. 1990 – IX ZR 223/97, NJW 1999, 1544). Insofern ist es konsequent, dass die Abtretungsmöglichkeiten verbessert wurden (so nachträglich auch für RA: BGH, Urt. v. 24. 04. 2008 – IX ZR 53/07, DStR 2008, Heft 31, XVII). Im Regelfall handelt es sich rechtlich um ein "unechtes Factoring" (ausführlich: Gilgan, Factoring durch eine Verrechnungsstelle für StB, NWB 2018, 3929).
Rz. 68
So ist es nach den Neuregelungen in § 64 Abs. 2 StBerG und § 5 Abs. 6 BOStB möglich, Honorare über Verrechnungsstellen abzuwickeln (Ueberfeldt, Neue Möglichkeiten des Forderungsmanagements für StB – Abtretungen von Gebührenforderungen – DStR 2008, 121). Ohne Zustimmung des Mandanten ist die Übertragung der Einziehung des Honorars und die Abtretung an Personen i. S. v. § 3 StBerG – wie insbesondere andere StB/StBv/RA/WP/vBP – zugestanden; der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte muss in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet sein wie der abtretende StB. Nach § 2 Abs. 2 i. V. m. §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 RDG können auch zertifizierte Inkassounternehmen – nicht aber andere StB oder Steuerberatungsgesellschaften (so auch VG Neustadt v. 24. 02. 2011 – 4 K 952/10, DStRE 2011, 980) – diese Tätigkeiten ausüben. Damit kann eine deutliche Erleichterung des Honorarmanagements für den StB verbunden sein.
Rz. 69
Vorsicht ist aber geboten bei der Übernahme einer Kanzlei. Der abgebende StB hat zu beachten, dass eine Vereinbarung über die Abtretung von Honorarforderungen abgeschlossener Mandate unter Übernahme der Handakten im Regelfall weiterhin unzulässig ist (BGH v. 17. 05. 1995 – VIII ZR 94/94, DStR 1995, 1360); allerdings kann für den Fall eine Ausnahme angenommen werden, dass der Übernehmende schon zuvor – beispielsweise als freier Mitarbeiter – das Mandat betreut hat (ausführlich BGH v. 10. 08. 1995 – IX ZR 220/94, DStR 1995, 1559).