Nicht jede Scheidungsfolgenvereinbarung bzw. Ehevertrag ist wirksam. In den letzten Jahren haben das BVerfG und der BGH in einigen Urteilen immer wieder die Grenzen zulässiger Ehevertragsgestaltungen neu festgelegt.
Es gilt zwar der Grundsatz der Vertragsfreiheit, dennoch darf auch eine notarielle Vereinbarung nicht nach den §§ 138, 242 BGB sittenwidrig sein bzw. gegen den Grundsatz nach Treu und Glauben verstoßen.
Bei gravierender Benachteiligung eines Ehepartners sind Scheidungsfolgenvereinbarungen sittenwidrig und damit unwirksam.
Insbesondere darf durch Verzichtsregelungen folgender Kernbereich nicht angetastet werden:
- Unterhalt für den Partner wegen der Betreuung von gemeinsamen Kindern (dieser kann daher nicht wirksam ausgeschlossen werden) sowie
- der Alters- und Krankheitsunterhalt.
Praktisch bedeutet das: Der betroffene Ehepartner darf nicht zwangsläufig zum Sozialfall werden.
Nicht geschützt dagegen ist der Zugewinnausgleich, der grundsätzlich vertraglich vollständig ausgeschlossen werden kann.
Das BVerfG hat im Jahr 2001 entschieden, dass die vom Gesetzgeber gewährte Vertragsfreiheit bei Eheverträgen dort eine Grenze findet, wo ehevertragliche Vereinbarungen nicht mehr Ausdruck und Ergebnis einer gleichberechtigten Partnerschaft sind, sondern eine auf unausgewogenen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegeln.
Ausschluss des Versorgungsausgleichs ohne Entschädigung kann sittenwidrig sein
Der BGH hat in 2009 entschieden, dass ein vereinbarter Ausschluss des Versorgungsausgleichs ohne Gegenleistung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, wenn die Ehefrau bei Abschluss des Vertrags schwanger war und die Ehepartner bewusst in Kauf genommen haben, dass die Ehefrau wegen der Kinderbetreuung alsbald aus dem Berufsleben ausscheiden und bis auf Weiteres keine eigenen Versorgungsanrechte erwerben wird. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann in solchen Fällen zur Gesamtnichtigkeit des Ehevertrags führen.
Ein Ehevertrag kann sich in einer Gesamtwürdigung nur dann als sittenwidrig und daher als insgesamt nichtig erweisen, wenn konkrete Feststellungen zu einer unterlegenen Verhandlungsposition des benachteiligten Ehegatten getroffen worden sind. Allein aus der Unausgewogenheit des Vertragsinhalts ergibt sich die Sittenwidrigkeit des gesamten Ehevertrags regelmäßig noch nicht.
Bei der Kontrolle eines vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs muss sich das Familiengericht zurückzuhalten und darf, um die Vertragsfreiheit der Eheleute zur Geltung kommen zu lassen, insbesondere nicht von sich aus nach Gründen einer Unwirksamkeit forschen. Der durch den Versorgungsausgleich vermeintlich Benachteiligte muss von sich aus durch substanziierten Sachvortrag die Tatsachen mitteilen, aus denen sich solche Verdachtsmomente ergeben. Deshalb trägt der durch die Vereinbarung benachteiligte Ehegatte die Darlegungs- und Beweislast für die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung.
Das Familiengericht ist im Rahmen des Versorgungsausgleichs bei der Scheidung grundsätzlich an eine notarielle Vereinbarung der Ehegatten gebunden, nach welcher ein Versorgungsausgleich bei der Scheidung hinsichtlich eines bestimmten Anrechts nicht stattfinden soll, der schuldrechtliche Ausgleich des Anrechts vorbehalten bleiben soll und eine entsprechende schuldrechtliche Ausgleichsrente frühestens mit dem Renteneintritt des Gläubigers der Ausgleichsrente geschuldet sein soll.