1.1 Begriff der eigenen Anteile
Rz. 1
Eigene Anteile können ausschließlich bei Kapitalgesellschaften auftreten und stellen für diese einen Anschaffungsvorgang dar. Bei Personengesellschaften hingegen ist der Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft nicht möglich, da hier das Anwachsungsprinzip gem. § 738 BGB gilt. Änderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft können sowohl durch Ausscheiden eines Gesellschafters und Eintritt eines neuen Gesellschafters als auch durch Übertragung eines Gesellschaftsanteils erfolgen. Die Übertragung auf einen Dritten ist also grundsätzlich möglich, wohingegen die Übertragung eines Gesellschaftsanteils auf die Personengesellschaft selbst ausgeschlossen ist, auch wenn diese nach nahezu einhelliger Auffassung zumindest teilrechtsfähig ist. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die Anteile an einer Personengesellschaft – sofern es zu einem ersatzlosen Ausscheiden eines Gesellschafters kommt – mit der vermögensrechtlichen Folge der Anwachsung verknüpft sind. Folglich kann eine Personengesellschaft aus rechtssystematischen Gründen daher auch gar keine "eigenen Anteile" besitzen.
Rz. 2
Die Rechtslage bei der Kapitalgesellschaft ist demgegenüber jedoch anders, da diese eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und damit ihr Bestand unabhängig von den Gesellschaftern ist. Die Existenz der Anteile hängt von der Existenz der Kapitalgesellschaft selbst ab. Anteile an einer Kapitalgesellschaft entstehen im Rahmen des formalisierten Verfahrens der Gründung oder der Kapitalerhöhung, sodass die Aufbringung eines Mindestvermögens sichergestellt wird (Grundsatz der Kapitalaufbringung). Demgegenüber ist der Untergang von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit dem formalisierten Verfahren der Kapitalherabsetzung oder der Einziehung verbunden, um damit die Erhaltung des Kapitals abzusichern.
1.2 Qualifikation von eigenen Anteilen
Rz. 3
Mit Blick auf die Qualifikation der eigenen Anteile als Vermögensgegenstände stellt sich die Frage, ob die Neuerungen des § 272 HGB durch das BilMoG nur den bilanziellen Ausweis eigener Anteile neu regeln oder eine Wertung dahingehend enthalten, dass eigene Anteile nicht länger als Vermögensgegenstand anerkannt werden. Die Gesetzesbegründung lässt eher Letzteres vermuten, da dem wirtschaftlichen Gehalt des Rückkaufs bzw. der Veräußerung eigener Anteile als Auskehrung frei verfügbarer Rücklagen an die Anteilseigner bzw. als wirtschaftliche Kapitalerhöhung handelsbilanziell Rechnung getragen werden soll.
Rz. 4
Der Begriff des Vermögensgegenstands wird im Handelsrecht genutzt, obwohl dieser gesetzlich nicht definiert ist. Ein Vermögenswert liegt nach h. M. vor, wenn ein Kaufmann die wirtschaftliche Verfügungsmacht über ein materielles oder immaterielles Gut bzw. einen wirtschaftlichen Vorteil hat und eine selbstständige Bewertbarkeit und Verwertbarkeit gegeben sind. Das entscheidende – und damit für eigene Anteile auch umstrittene – Kriterium für die Qualifikation als Vermögensgegenstand ist die selbstständige Verkehrsfähigkeit und damit die Möglichkeit der Einzelveräußerbarkeit. Die Meinung in der Literatur hierzu ist uneinheitlich: Einerseits wird vertreten, dass die eigenen Anteile "unstreitig bewertbar und, da ihnen die Veräußerbarkeit unmittelbar anhaftet, auch verwertbar" sind. Diese Auffassung wird damit begründet, dass die Auskehrung frei verfügbarer Rücklagen nichts an der Be- und Verwertbarkeit ändert, sondern vielmehr Ausfluss des Doppelcharakters der eigenen Anteile ist. Andererseits wird den eigenen Anteilen die Eigenschaft eines Vermögensgegenstands abgesprochen, da es "ihnen an der selbstständigen Verwertbarkeit" fehlt. Als Begründung wird angeführt, dass sich der Wert der eigenen Anteile nur unter Berücksichtigung des Unternehmenswerts der ausgebenden Kapitalgesellschaft bestimmen lässt und folglich die eigenen Anteile keinen Wert an sich haben.
Die konkrete Frage, ob eine Qualifikation als Vermögenswert zulässig ist, bleibt aber auch weiterhin unbeantwortet, da auch mit dem BilMoG eine gesetzliche Definition des Vermögensgegenstands nicht vorgenommen wird. Der durch den Gesetzgeber vorgeschriebene Ausweis auf der Passivseite unterstreicht aber die hier vertretene Auffassung, dass den eigenen Anteilen allein der Charakter eines Korrekturpostens zum gezeichneten Kapital zukommt.