Leitsatz
1. Auch wenn der Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses mit Einverständnis der übrigen Miteigentümer eine Wohnung allein bewohnt, steht ihm der Fördergrundbetrag nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil zu.
2. Die Anweisung in Rz. 66 des BMF, Schreiben vom 10.2.1998 (BStBl I 1998, 190), nach welcher der Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses, der eine Wohnung allein zu eigenen Wohnzwecken nutzt, den Fördergrundbetrag in Anspruch nehmen kann, soweit der Wert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung einschließlich des dazugehörenden Grund und Bodens den Wert des Miteigentumsanteils nicht übersteigt, widerspricht § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG.
3. Die Gewährung der Eigenheimzulage im Weg einer Billigkeitsregelung in gesetzlich nicht vorgesehenen Fällen ist der Verwaltung durch § 15 Abs. 1 Satz 2 EigZulG verwehrt.
Normenkette
§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO , § 163 AO , Art. 3 Abs. 1 GG , § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG , § 15 Abs. 1 Satz 2 EigZulG
Sachverhalt
Mit Vertrag vom 25.2.1998 erwarb der Kläger einen 6/10-Miteigentumsanteil an einem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück. Die restlichen 4/10 erwarb Frau F. Nach § 13 des Vertrags beabsichtigten die Käufer, das Kaufobjekt nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes in zwei Wohnungseigentumsrechte aufzuteilen, wobei der Miteigentumsanteil des Klägers mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoss und Untergeschoss des Hauses, der Miteigentumsanteil von Frau F mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Dachgeschoss verbunden werden sollte. Ferner wurde schuldrechtlich vereinbart, dass die zuzuordnenden Wohnungen von den beiden Käufern jeweils unter Ausschluss des anderen Käufers genutzt werden sollten. Laut Bescheinigungen des zuständigen Baurechtsamts sind die beiden Wohnungen in sich abgeschlossen.
Der Kläger beantragte für den Erwerb des Miteigentumsanteils an der Wohnung Eigenheimzulage. Mit Bescheid über Eigenheimzulage ab 1998 setzte das FA entsprechend dem Miteigentumsanteil des Klägers die Zulage für die Jahre 1998 bis 2005 in Höhe von 60 % von 2.500 DM (Höchstbetrag des Fördergrundbetrags) fest.
Das FG gab der Klage im Wesentlichen mit der Begründung statt, dem Kläger stünde der volle Fördergrundbetrag nach der in Rz. 66 des BMF-Schreibens in BStBl I 1998, 190 getroffenen Billigkeitsregelung zu, da er vertraglich berechtigt sei, eine der beiden Wohnungen in dem gemeinschaftlich erworbenen Einfamilienhaus allein zu nutzen.
Die Revision des FA führte zur Klagabweisung.
Entscheidung
Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EigZulG könne der Anspruchsberechtigte den Fördergrundbetrag nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen, wenn mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung seien. Zu Recht habe daher das FA dem Kläger nur 6€10 des Fördergrundbetrags gewährt. Der Kläger sei auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Wohnung, denn die bloße Absichtserklärung, Wohnungseigentum zu begründen, führe nicht zu der Annahme wirtschaftlichen Eigentums an der Wohnung.
Hinweis
Sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung, kann jeder Eigenheimzulage nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil in Anspruch nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob der andere Miteigentümer die Zulage geltend macht.
Verfügt das im Miteigentum stehende Haus über zwei abgeschlossene Wohnungen und werden den Miteigentümern schuldrechtlich einzelne Wohnungen entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen und die Absicht bekundet, das Haus in zwei Eigentumswohnungen aufzuteilen, gilt nichts anderes. Denn dadurch wird kein wirtschaftliches Eigentum an der jeweiligen Wohnung begründet.
Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn wechselseitige Verpflichtungen zur zeitnahen Verwirklichung dieser Absicht vereinbart werden. Nur dann haben die Miteigentümer eine eigentumsähnliche gesicherte Rechtsposition an der Wohnung inne.
Nach dem BMF, Schreiben in BStBl I 1998, 190 Rz. 66, kann allerdings ein Miteigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses den Fördergrundbetrag in Anspruch nehmen, soweit der Wert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung einschließlich des dazugehörenden Grund und Bodens den Wert des Miteigentumsanteils nicht übersteigt. Der BFH hat mit diesem Urteil entschieden, dass daraus kein Rechtsanspruch abgeleitet werden könne. Zwar sei eine zur Selbstbindung der Verwaltung führende Billigkeitsregelung, auf deren Anwendung der Betroffene grundsätzlich einen Rechtsanspruch habe, auch für Gerichte bindend. Dies gelte jedoch nicht, wenn – wie hier – die Gewährung der Eigenheimzulage aus Billigkeitsgründen ausgeschlossen sei (§ 15 Abs. 1 Satz 2 EigZulG).
Sofern die Verwaltung nicht von sich aus Eigenheimzulage aufgrund des BMF-Schreibens gewährt, kann sie in vergleichbaren Fällen nur gesichert werden, wenn sich die Miteigentümer gegenseitig notariell verpflichten, Wohneigentum zu begründen und dies einigermaßen zeitnah auch vollziehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.5.2004, III R 29/03