Leitsatz
Lebt das Kind des Anspruchsberechtigten in einer studentischen Wohngemeinschaft in unmittelbarer Nähe zum elterlichen Haushalt, ist davon auszugehen, dass die Zugehörigkeit zum elterlichen Haushalt auch bei fortbestehendem engem Bezug zu den Eltern beendet ist. Das Kind führt danach in der Wohngemeinschaf einen eigenen Haushalt unter Beibehaltung seines örtlichen Lebensmittelpunktes.
Sachverhalt
Die beiden Söhne der Kläger wohnten jeweils - jeder für sich - bereits seit längerer Zeit in einer studentischen Wohngemeinschaft. In derselben Straße wie die Wohngemeinschaft des einen Sohnes bzw. zwei Minuten Fußweg von der Wohngemeinschaft des anderen Sohnes entfernt schafften die Eltern eine Eigentumswohnung an. In der Eigentumswohnung hielten die Kläger, wie auch in der zuvor genutzten Wohnung, jeweils ein Zimmer für beide Söhne vor. Diese Zimmer nutzten die Söhne auch spontan zu den verschiedensten Gelegenheiten, ließen überwiegend ihre Wäsche zu Hause waschen, nutzten den Pkw der Eltern und wurden nicht selten in der elterlichen Wohnung aus beköstigt. Darüber hinaus wurden beide Söhne von den Eltern regelmäßig wirtschaftlich unterstützt. Das Finanzamt verneinte den Anspruch auf Kinderzulage für beide Söhne, da diese zum Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnung bereits seit längerer Zeit in eigenen Wohnungen gelebt hätten. Im Rahmen der Wohngemeinschaften hätten die Söhne jeweils eigene Haushalte geführt. Aufgrund des Alters der Söhne, der monatlichen Arbeitslöhne von jeweils rund DM 1.100 und der langjährigen Eigenständigkeit habe schon zu Beginn des Förderzeitraums bei den Eltern keine Haushaltszugehörigkeit mehr bestanden.
Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichts haben die Kläger keinen Anspruch auf Kinderzulage. Das Gericht verneinte die Haushaltszugehörigkeit beider Söhne und bestätigte damit die Entscheidung des Finanzamts. Eine einheitliche Haushaltsführung unter Leitung der Anspruchsberechtigten umfasse neben materiellen und immateriellen Elementen auch örtliche Gesichtspunkte. Zu den örtlichen Gesichtspunkten gehöre, dass das Kind in der elterlichen Wohnung auch übernachte. Diese Voraussetzung sei bei einem auswärts studierenden Kind, das an den Wochenenden oder insbesondere in den Semesterferien für längere Zeit im elterlichen Haushalt lebt, erfüllt.
Im Streitfall sei diese Voraussetzung jedoch nicht erfüllt. Damit fehle es an der Haushaltszugehörigkeit beider Söhne. Ein Anspruch auf Kinderzulage bestehe demzufolge nicht.
Hinweis
Bei der Entscheidung über die Frage der Haushaltszugehörigkeit stellt das Finanzgericht maßgeblich darauf ab, dass beide Söhne nicht in der elterlichen Wohnung übernachteten. Das Gericht orientiert sich bei der Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit damit am Typus des auswärts studierenden Kindes, das an den Wochenenden und vor allem in den Semesterferien an den Heimatort zurückkehrt und in dieser Zeit in der Wohnung der Eltern lebt, also auch übernachtet (siehe BFH, Urteil v. 23.04.2002, IX R 52/99, BStBl 2003 II S. 234). Dazu gehört aber auch, dass im elterlichen Haushalt für das Kind ein eigenes Zimmer vorgehalten wird. Die Kläger haben gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision eingelegt (Az. des BFH III R 40/03).
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 19.02.2003, 10 K 8005/00 EZ