Leitsatz
1. Die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Privatvermögens auf eine gewerbliche Personengesellschaft gegen erstmalige Einräumung einer Mitunternehmerstellung ist auch dann ein vollentgeltliches Geschäft (Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten), wenn der Wert des übertragenen Wirtschaftsguts nicht nur dem Kapitalkonto I (Festkapitalkonto), sondern auch einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gutgeschrieben wird (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Dieser Vorgang ist nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten; § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG ist insgesamt nicht anwendbar (Bestätigung der Rechtsprechung).
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG
Sachverhalt
Zur Erfüllung ihrer Einlageverpflichtung sollten die Gesellschafter der neu gegründeten Klägerin, einer GbR, dieser ein Grundstück mit aufstehender Windkraftanlage (WKA) übertragen. Das Festkapital der Klägerin betrug 10.000 EUR. Soweit der Wert der Einlage die Einlage von nominal insgesamt 10.000 EUR übersteigt, sollte dieser Betrag einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gutgeschrieben werden. Das FA erkannte den für die WKA geltend gemachten Abschreibungsbetrag nicht steuermindernd an. Es liege die Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen und damit eine Einlage vor. Danach seien nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG die zuvor im Rahmen der Einkünfte aus VuV in Anspruch genommenen Abschreibungsbeträge vom Einlagewert abzuziehen, sodass die Klägerin im Ergebnis keine weiteren Abschreibungsbeträge mehr in Anspruch nehmen könne. Die Klage hatte nur in geringem Umfang Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.10.2019, 7 K 67/15; Haufe-Index 14058293, EFG 2020, 1600). Das FG nahm einen tauschähnlichen Vorgang nur in dem Umfang an, wie der Wert der WKA den Festkapitalkonten der Gesellschafter gutgeschrieben worden war; im Übrigen liege eine Einlage vor.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück. Es liege ein insgesamt entgeltlicher Vorgang vor. Die Sache sei aber nicht spruchreif, da das FG bisher keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zum gemeinen Wert der übertragenen WKA getroffen habe.
Hinweis
1. Ob die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Privatvermögens auf eine gewerbliche Personengesellschaft im Wege der Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und damit als entgeltlicher Erwerb oder aber als (unentgeltliche) Einlage erfolgt, ist insbesondere für die Frage der AfA-Berechtigung von Bedeutung. So mindert sich z.B. bei Wirtschaftsgütern, die bereits im Privatvermögen zur Erzielung von Einkünften verwendet wurden, bei ihrer Einlage in ein Betriebsvermögen der Einlagewert nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG um die bis zum Zeitpunkt der Einlage bereits vorgenommene AfA.
2. Richten sich die maßgeblichen Gesellschaftsrechte nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft – wie im Regelfall – nach dem aus dem Kapitalkonto I folgenden festen Kapitalanteil, liegt keine Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, sondern eine Einlage vor, wenn der Gegenwert des übertragenen Wirtschaftsguts allein dem Kapitalkonto II des übertragenden Gesellschafters gutgeschrieben wird (BFH, Urteil vom 29.7.2015, IV R 15/14, BFH/NV 2016, 453, BStBl II 2016, 593).
3. Erfolgt hingegen die Gutschrift des Gegenwerts jedenfalls auch auf dem Kapitalkonto I, liegt ein insgesamt entgeltliches Geschäft vor. Dieser Vorgang ist also auch entgeltlich, soweit eine anteilige Gutschrift auf dem Kapitalkonto II oder einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto erfolgt. Er ist nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten.
4. Nicht zu entscheiden war im Streitfall, der die erstmalige Einräumung einer Mitunternehmerstellung betraf, ob und wie zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Vorgängen unterschieden werden kann, wenn der Übertragende bereits Gesellschafter einer bestehenden Personengesellschaft ist und sowohl vor als auch nach der Einbringung zu 100 % am Vermögen, Gewinn/Verlust und an den Stimmrechten der Personengesellschaft beteiligt ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.3.2023 – IV R 2/20