a) Höhe der Einheitswerte auf den 1.1.1964
Rz. 28
Nach dem schriftlichen Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages sollten die Einheitswerte der Landwirtschaft im Durchschnitt bei etwa 135 % der Einheitswerte auf den 1.1.1935 liegen. Bei den unbebauten Grundstücken, für welche die Verkehrswerte vom 1.1.1964 maßgebend waren, sollten die neuen Einheitswerte die alten, auf den Wertverhältnissen vom 1.1.1935 beruhenden Werte um ein Mehrfaches übersteigen. Letzteres beeinflusste auch die Mindestwerte (§ 77 BewG in der bis zum 31.12.2024 geltenden Fassung) beträchtlich. Teilweise ergaben sich Erhöhungen, die nicht mehr in einer angemessenen Beziehung zu den nach dem Ertragswertverfahren zu bewertenden Grundstücken standen. Deshalb wurde durch Art. 7 StÄndG vom 18.8.1969 bestimmt, dass für die Hauptfeststellung 1974 einschließlich der Fortschreibungen und Nachfeststellungen der Mindestwert auf 50 % des Grund- und Bodenwerts zu ermäßigen war.
b) Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einheitswerte auf den 1.1.1964
Rz. 29
Der Zeitpunkt des steuerlichen Wirksamwerdens der neuen Einheitswerte hing eng mit ihrer Höhe und ihren Auswirkungen auf die einheitswertabhängigen Steuern zusammen. Deshalb war es verständlich, dass der Gesetzgeber zunächst das Ergebnis der Neubewertung abwarten und sich erst dann mit der Anwendung der neuen Einheitswerte für die Besteuerung befassen wollte. Dementsprechend wurde durch Art. 3 Abs. 1 BewÄndG 1965 angeordnet, dass der Zeitpunkt, von dem an die Einheitswerte des Grundbesitzes auf den 1.1.1964 der Besteuerung zugrunde zu legen waren, durch ein besonderes Gesetz bestimmt werde. Durch diese Vorschrift wurde gleichzeitig angeordnet, dass auch die ab diesem Zeitpunkt anzuwendenden Besteuerungsmaßstäbe (d.h. alle auf die Höhe der einheitswertabhängigen Steuern einwirkenden Faktoren wie Steuersatz, Freibeträge, Steuermesszahlen usw.) durch ein besonderes Gesetz festgelegt würden. Die daraus hergeleiteten Einwendungen gegen die Wirksamkeit dieser Hauptfeststellung wies der BFH mit Urteil v. 22.1.1971 zurück. Hiernach vollzog sich die Neubewertung zunächst "steuerneutral".
Rz. 30
Der Zeitpunkt, von dessen Beginn an die nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1964 allgemein festgestellten Einheitswerte des Grundbesitzes der Besteuerung zugrunde zu legen waren, wurde sodann durch Art. 1 Abs. 1 BewÄndG v. 27.7.1971 auf den 1.1.1974 festgelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt blieben die nach den Wertverhältnissen auf den 1.1.1935 festgestellten Einheitswerte für die Besteuerung weiterhin maßgebend. Dies hatte zur Folge, dass auch für Stichtage über den 1.1.1963 hinaus bis zum 1.1.1973 ggf. Fortschreibungen und Nachfeststellungen auf der Grundlage des BewG 1934 vorgenommen werden mussten.
Rz. 31
Ein weiterer Effekt dieser Hinausschiebung bestand darin, dass die neuen Einheitswerte des Grundbesitzes im Zeitpunkt ihrer erstmaligen steuerlichen Wirksamkeit infolge der anhaltend steigenden Preise am Grundstücksmarkt bereits überholt waren.
Rz. 32
Der Gesetzgeber versuchte dies dadurch auszugleichen, dass er durch das VStRG 1974 den § 121a BewG in das Bewertungsgesetz einfügte. Nach dieser Vorschrift waren die nach den Wertverhältnissen auf den 1.1.1964 festgestellten Einheitswerte des Grundvermögens – dagegen nicht des land- und fortswirtschaftlichen Vermögens – für die Festsetzung der Vermögensteuer, der Erbschaftsteuer, der Gewerbesteuer, für die Ermittlung des Nutzungswerts der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus und für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer – dagegen nicht für die Erhebung der Grundsteuer – um einen Zuschlag von 40 % zu erhöhen. In der Literatur wurde zum Teil der – freilich wenig realistische – Standpunkt eingenommen, dass die Einheitswertbescheide nach den Verhältnissen zum 1.1.1964 – ausgenommen die Wertfeststellungen für unbebaute Grundstücke – sämtlich rechtswidrig seien, weil das gesamte Bewertungsgesetz und dementsprechend auch die danach festgestellten Werte dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes nicht entsprächen.
Rz. 33
Der BFH vertrat dagegen in seiner grundlegenden Entscheidung v. 12.6.1974 die Auffassung, es verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz, dass das BewG 1965 für bebaute Grundstücke die Bewertung teils nach dem Ertragswertverfahren und teils nach dem Sachwertverfahren unter Ausschluss einer individuellen Bewertung aufgrund von Kaufpreisen vorsehe. Er war des Weiteren der Meinung, es widerspreche nicht dem Gleichheitssatz, dass sich aufgrund des typisierten und pauschalierten Ertragswertverfahrens des BewG 1965 größere Ungleichmäßigkeiten im Wertniveau ergäben, als sie bei einer individuellen Wertermittlung aufzutreten pflegten. Allerdings wies der BFH in dieser Entscheidung auch darauf hin, dass sich die Frage nach der Verfassungskonformität dann stelle, wenn der Vollzug des Bewertungsgesetzes erweisen sollte, dass die in Teilen der Literatur behaupteten gr...