Rz. 73
Bereits mit Beschluss v. 12.5.1978 hatte der BFH dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Einheitsbewertung von Wohngrundstücken auf der Grundlage der preisrechtlich zulässigen Miete gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Der BFH führte in seinem Vorlagebeschluss u.a. aus, aus Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BewG 1965 folge, dass für die Einheitsbewertung bebauter Wohngrundstücke die preisrechtlich zulässige Miete nicht überschritten werden dürfe. Die dadurch bei der Bewertung von Nachkriegsbauten in Vollzug des BewG allgemein auftretenden Wertverzerrungen seien – jedenfalls in dieser Höhe – sachlich nicht zu rechtfertigen. Die weitere Mietengesetzgebung nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt auf den 1.1.1964 habe bewirkt, dass sich auch die Rohmieten unterschiedlich finanzierter Grundstücke weitgehend aneinander angeglichen hätten.
Rz. 74
Das BVerfG hat diese Vorlage mit Beschluss v. 11.10.1983 – mit wenig überzeugenden Gründen – als unzulässig verworfen, weil die vorgelegte Verfassungsrechtsfrage für die Beurteilung des Ausgangsfalles nicht entscheidungserheblich sei. Damit war die Antwort auf die Frage offengeblieben, ob die auf den 1.1.1964 festgestellten und ab 1.1.1974 erstmals der Besteuerung zugrunde gelegten Einheitswerte nach den Wertverhältnissen auf den 1.1.1964 verfassungskonform waren.
Rz. 75
Bereits im Urteil v. 13.11.1981 hatte der BFH darauf hingewiesen, dass zwischen den Grundbesitzwerten nach den Wertverhältnissen vom Hauptfeststellungszeitpunkt (1.1.1964) und den zeitnah zu erfassenden Werten des übrigen Vermögens augenfällig Unstimmigkeiten bestünden. Die Besteuerung verstoße aber wegen der zum 1.1.1974 "aktualisierten" Einheitswerte des Grundvermögens (vgl. § 121a BewG a.F.) weder gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG.
Rz. 76
Die gegen dieses BFH-Urteil gerichtete Verfassungsbeschwerde nahm das BVerfG mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg mit Beschluss v. 11.6.1982 nicht zur Entscheidung an.
Rz. 77
Mit Beschluss v. 11.6.1986 hatte der BFH in einem Rechtsstreit über die Aussetzung der Vollziehung eines Einheitswertbescheids zum 1.1.1982 für ein Zweifamilienhaus entschieden, dass er die bestehenden Normen auf dem Gebiet der Einheitsbewertung des Grundbesitzes wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz für verfassungswidrig halte. Denn spätestens zum 1.1.1980 hätte eine weitere Hauptfeststellung durchgeführt werden müssen. Der BFH setzte allerdings trotz dieser nach seinem Dafürhalten verfassungswidrigen Rechtslage die Vollziehung des angefochtenen Einheitswertbescheids nicht aus. Er war der Meinung, dass das BVerfG eine neue Hauptfeststellung nicht rückwirkend – über mehrere Jahre – anordnen könne, weil dies zu einem schwerwiegenden Eingriff in das Wirtschaftsgefüge mit der Folge führen würde, dass der danach geschaffene Zustand der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als der bestehende. Deshalb könne allenfalls damit gerechnet werden, dass das BVerfG den Gesetzgeber dazu anhalten werde, den verfassungswidrigen Zustand für die Zukunft durch die Anordnung einer neuen Hauptfeststellung zu beseitigen.
Rz. 78
In der Literatur entspann sich eine Diskussion zu der Frage, welche Bewertungsmethoden für eine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundvermögens angewendet werden sollten, damit die bei der Hauptfeststellung auf den 1.1.1964 offensichtlich aufgetretenen Wertverzerrungen nach Möglichkeit vermieden würden. Außerdem wurde die Frage aufgeworfen, ob es nicht sinnvoller sei, statt mit erheblichem Verwaltungsaufwand eine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte durchzuführen, darüber nachzudenken, auf welche Weise die Einheitsbewertung entbehrlich gemacht und damit abgeschafft werden könne.
Rz. 79
Das BVerfG entschied über die Vorlage des FG Rheinland-Pfalz v. 4.8.1981 mit Urteil v. 10.2.1987 erneut, es sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, dass die Bewertung von Einfamilienhäusern im Sachwertverfahren zu höheren Einheitswerten führe als die Bewertung im Ertragswertverfahren. Zu der Frage, ob der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch die sachlich nicht zu rechtfertigende unterschiedliche Bewertung von Grundbesitz einerseits und Betriebsvermögen sowie Geldvermögen andererseits verletzt werde und dies durch eine neue Hauptfeststellung für den Grundbesitz beseitigt werden müsse, nahm das BVerfG in diesem Zusammenhang nicht Stellung. Obwohl der vom Gericht der Finanzverwaltung und den Verbänden vorgelegte Fragenkatalog erwarten ließ, dass das BVerfG diese bedeutsame Frage entscheiden wolle, wich es dieser Problematik erneut aus. Es führte an, die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung hänge von der eingehenden Prüfung eines ganzen Komplexes schwieriger Fragen ab, deren Beantwortung nur auf der Grundlage von Verfassungsbeschwerde...