Rz. 238

[Autor/Stand] Im Erbschaftsteuerreformgesetz v. 24.12.2008[2], das am 1.1.2009 in Kraft trat,[3] versuchte der Gesetzgeber, die Vorgaben des BVerfG im Beschluss v. 7.11.2006[4] (vgl. dazu oben, Rz. 211 ff.) umzusetzen. Inwieweit ihm dies gelungen war, wurde unterschiedlich beurteilt (vgl. dazu weiter im Text).

 

Rz. 239

[Autor/Stand] Die bewertungsrechtlichen Änderungen durch das ErbStRG v. 24.12.2008 beschränkten sich zunächst allein auf die Bewertung der einzelnen Vermögensarten für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Insoweit orientierte sich die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, des Grundvermögens, des (gewerblichen und freiberuflichen) Betriebsvermögens sowie der Anteile an Kapitalgesellschaften nunmehr – entsprechend der vom BVerfG erhobenen Forderung – cum grano salis am gemeinen Wert. Die dadurch bewirkte Erhöhung der Bemessungsgrundlage wird durch höhere persönliche Freibeträge teilweise abgemildert. Erheblich modifiziert wurden überdies die Steuervergünstigungen für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen und für Anteile an Kapitalgesellschaften. Der bisher in § 13a ErbStG a.F. vorgesehene Freibetrag und Bewertungsabschlag wurde durch einen Verschonungsabschlag von 85 % bzw. – bei entsprechender Wahl des Steuerpflichtigen – von 100 % und einen Abzugsbetrag von 150.000 EUR ersetzt (vgl. § 13a ErbStG in der Fassung des ErbStRG v. 24.12.2008).

 

Rz. 240

[Autor/Stand] Für Zwecke der Grundsteuer verblieb es hingegen bis auf Weiteres bei den bisherigen Regelungen über die Einheitsbewertung des Grundbesitzes auf der Basis der (anachronistischen) Wertverhältnisse auf den 1.1.1964 bzw. – im Beitrittsgebiet – auf den 1.1.1935.[7] Entsprechendes galt in Bezug auf die Betriebsgrundstücke auch für die Gewerbesteuer (vgl. § 121a BewG in der bis zum 31.12.2024 geltenden Fassung[8] i.V.m. § 9 Nr. 1 GewStG).

Zur neueren Entwicklung in Bezug auf die Grundsteuer vgl. unten, Rz. 399 ff.

 

Rz. 241

[Autor/Stand] Auch die die (Bedarfs-)Bewertung des Grundbesitzes betreffenden Regelungen waren lediglich für erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Zwecke obsolet geworden; sie behielten dagegen ihre Gültigkeit für Zwecke der Grunderwerbsteuer.[10]

Zur neueren Entwicklung in Bezug auf die Grunderwerbsteuer vgl. aber unten, Rz. 363 ff.

 

Rz. 242

[Autor/Stand] Was die Bewertung für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke anbelangt, führte das ErbStG v. 24.12.2008 jedoch zu einer tiefgreifenden Reform der Bewertungsvorschriften. Auf der Grundlage der Entscheidung des BVerfG[12] hatte eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe bereits im November 2007 ein Eckpunkte-Papier vorgelegt, nach dem die Erbschaftsteuerreform in zwei Teilschritten umgesetzt werden sollte. Auf der Ebene 1 sollte die Bewertung aller Vermögenseinheiten in Anlehnung an den Verkehrswert (gemeinen Wert) geregelt werden. Auf der Ebene 2 sollte die Gewährung von Vergünstigungen in Form von Freibeträgen und Verschonungsregelungen statuiert werden. Im Einzelnen wurden die nachstehenden Eckpunkte der Reform fixiert:

 

Rz. 243

[Autor/Stand] Ebene 1

Die Bewertung aller Vermögensarten, namentlich des Grundbesitzes (Grundvermögen sowie land- und forstwirtschaftliches Vermögen), Betriebsvermögens und der Anteile an Kapitalgesellschaften, sollte sich am gemeinen Wert ausrichten.

 

Rz. 244

[Autor/Stand] Ebene 2

(1) Unter den Voraussetzungen der Wahrung bestimmter Behaltefristen und der Sicherung von Arbeitsplätzen sollte das sog. Produktivvermögen von der Erbschaftsbesteuerung ganz überwiegend oder sogar zur Gänze verschont werden (sog. Verschonungsabschlag beim Betriebsvermögen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögen).

(2) Zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke sollten durch einen Wertabschlag i.H. von 10 % von der Besteuerung ausgenommen werden.

(3) Selbst genutzte Familienheime sollten bei Erwerben von Todes wegen in bestimmten Grenzen bei der Erbschaftsbesteuerung außer Betracht bleiben, wenn diese Immobilien durch den oder die Erben/Bedachten weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzt würden.

(4) Die persönlichen Freibeträge für Erwerber im engsten Familienkreis sowie als eingetragene Lebenspartner sollten erhöht werden.

(5) Die Steuersätze sollten reformiert werden.

 

Rz. 245

[Autor/Stand] Diese Ende 2007 veröffentlichten Eckwerte des sog. Koch-Steinbrück-Papiers bildeten sodann die Grundlage des Regierungsentwurfs zum ErbStRG 2009 v. 24.12.2008.[16] Dieses passierte den Bundestag und den Bundesrat nach vorausgegangenen zähen Verhandlungen und anschließender Einigung zwischen den Parteien der Regierungskoalition erst im Dezember 2008, so dass das Gesetz – nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten am 29.12.2008 und Verkündung im BGBl. – gerade noch rechtzeitig zum 1.1.2009 in Kraft treten konnte.

 

Rz. 246

[Autor/Stand] Das ErbStRG v. 24.12.2008[18] regelte die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Wertermittlung hinsichtlich der Bewertung des Grundbesitzes (Grundvermögen sowie land- und forstwirtschaftliches Vermögen), des Betriebsvermögen...

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