Rz. 417
Wie nicht anders zu erwarten war, schloss sich das BVerfG der verfassungsrechtlichen Beurteilung des BFH (oben, Rz. 401 ff.) sowohl im Ergebnis als auch in weiten Teilen der Begründung an. Das BVerfG wies zunächst darauf hin, dass der Gesetzgeber bei der Wahl der Steuerbemessungsgrundlage und bei der Ausgestaltung der Bewertungsregeln einen weiten Gestaltungsspielraum habe. Dies gelte indes nur, solange die betreffenden Regelungen geeignet seien, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen und dabei die Wertrelation der besteuerten Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abzubilden.
Des Weiteren führte das BVerfG im Wesentlichen aus, die Regelungen des BewG zur Einheitsbewertung des Grundvermögens in den "alten" Bundesländern seien jedenfalls seit dem Beginn des Jahres 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führe zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gebe.
Rz. 418
Infolge der Anknüpfung an die Wertverhältnisse zum 1.1.1964 spiegelten sich die wertverzerrenden Auswirkungen des überlangen Hauptfeststellungszeitraums in den einzelnen Bewertungselementen sowohl des Ertragswert- als auch des Sachwertverfahrens wider. Die Wertverzerrungen träten flächendeckend, zahlreich und auch in ihrem jeweiligen individuellen Ausmaß vielfach erheblich auf. Die dadurch hervorgerufenen Ungleichbehandlungen seien in der normativen Struktur der Einheitsbewertung des Grundbesitzes angelegt und von solchem Ausmaß, dass sie zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG führten.
Rz. 419
Das Ziel der Verwaltungsvereinfachung rechtfertige diese gravierenden Wertverzerrungen nicht, selbst wenn man die dadurch erzielte Entlastungswirkung als besonders hoch einschätze. Verwaltungserwägungen könnten nicht legitimieren, dass durch den Verzicht auf regelmäßige Hauptfeststellungen im Abstand von sechs Jahren ein zentrales Element aus dem Normengefüge der Einheitsbewertung herausgebrochen werde, das unverzichtbar zur Gewinnung in ihrer Relation realitätsnaher Bewertungen sei.
Rz. 420
Zur Rechtfertigung des Verzichts auf zeitnahe Hauptfeststellungen könne zudem weder auf Gründe der Typisierung und Pauschalierung noch auf die gemessen am Verkehrswert des Grundvermögens sowie auf eine vermeintlich absolut geringe Belastungswirkung der Grundsteuer oder auf etwaige Nachfeststellungen, Wertfortschreibungen bzw. Anpassungen der Hebesätze verwiesen werden (wird ausführlich begründet).
Rz. 421
Die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG führe lediglich zur Feststellung der Unvereinbarkeit der §§ 19, 20, 21, 22, 23, 27, 76 Abs. 1, 79 Abs. 5, 93 Abs. 1 Satz 2 sowie des § 76 Abs. 2 BewG und des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BewÄndG i.d.F. v. 22.7.1970 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz. Dem Gesetzgeber stünden vielfältige Möglichkeiten zur Schaffung einer verfassungskonformen Neuregelung zur Verfügung. Mit Blick auf die anderenfalls drohenden Vollzugsprobleme sowie die erhebliche finanzielle Bedeutung der Grundsteuer für die Kommunen werde die Fortgeltung der beanstandeten Regelungen zunächst bis zum Ergehen einer Neuregelung, jedoch längstens bis zum 31.12.2019 angeordnet.
Aufgrund der besonderen Sachgesetzlichkeit der Grundsteuer, insb. in Bezug auf den erheblichen Umsetzungsaufwand einer Neubewertung, werde eine weitere Fortgeltung der beanstandeten Normen für fünf Jahre nach Verkündung der Neuregelung, längstens aber bis zum 31.12.2024 angeordnet.
Rz. 422– 427
Einstweilen frei.