Rz. 428
Nach monatelangen Verhandlungen hat der Bundesrat am 8.11.2019 das am 26.11.2019 im Bundesgesetzblatt verkündete GrStRefG v. 26.11.2019 verabschiedet. Dies versetzt die Kommunen in die Lage, die Grundsteuer ab 2025 nach dem neuen Regelungsregime und bis 31.12.2024 weiterhin auf der Basis des bisherigen Rechts zu erheben.
Rz. 429
Im GrStRefG v. 26.11.2019 hat der Gesetzgeber versucht, den Vorgaben des BVerfG in dessen Urteil v. 10.4.2018 – 1 BvL 11/14 u.a. (vgl. dazu oben, Rz. 417 ff.) Rechnung zu tragen.
Rz. 430
In diesem Zusammenhang ist zunächst das Grundgesetz geändert worden. Da die Kompetenz des Bundes zur konkurrierenden Gesetzgebung in Bezug auf die Grundsteuer von Teilen des Schrifttums in Frage gestellt worden war, wurde Art. 105 Abs. 2 GG dahingehend (klarstellend) ergänzt, dass dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit in Bezug auf die Grundsteuer zusteht. Darüber hinaus ist auf Initiative des Freistaats Bayern Art. 72 Abs. 3 Satz 1 GG um die neue Nummer 7 ergänzt worden, wodurch den Bundesländern eine von den §§ 218 ff. BewG i.d.F. des GrStRefG abweichende Gesetzgebung ermöglicht wird (sog. Länderöffnungsklausel).
Rz. 431
Aufgrund dieser Länderöffnungsklausel wird den Bundesländern die Option eingeräumt, an Stelle der im Bundesrecht (GrStRefG v. 26.11.2019) geschaffenen Bewertungsregelungen (vgl. dazu unten Rz. 433 ff.) andere Bewertungsverfahren zu statuieren, etwa das vom Freistaat Bayern schon während des (Bundes-)Gesetzgebungsverfahrens präferierte Flächen(bewertungs-)modell. Ein Teil der Bundesländer – darunter neben Bayern auch Niedersachsen, Sachsen, Hamburg und evtl. auch Nordrhein-Westfalen – hat bereits signalisiert, ein von der Bundesregelung abweichendes Bewertungssystem zu installieren. Dies wird zweifellos zu einer weiteren Komplizierung und Zersplitterung des (Grundsteuer-)Bewertungsrechts sowie zu einem erhöhten Sach- und Personalaufwand sowohl auf Seiten der Finanzverwaltung als auch bei den Steuerpflichtigen und deren Beratern führen.
Rz. 432
Soweit es das BewG betrifft, sieht das GrStRefG v. 26.11.2019 im Wesentlichen die nachfolgenden Änderungen der bisherigen, bis zum 31.12.2024 fortgeltenden Rechtslage (vgl. dazu unten, Rz. 439 f.) vor:
Rz. 433
Die Bewertung des Grundbesitzes für Zwecke der Grundsteuer auf der Grundlage des Bundesrechts erfolgt nach wie vor – aus zwingenden Praktikabilitätsgründen – typisierend, geschieht also nicht durch eine individuelle Ermittlung der Verkehrswerte der über 30 Mio. betroffenen Grundstücke (wirtschaftlichen Einheiten).Sie ist im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten "automationsgerecht" ausgestaltet worden.
Rz. 434
Die verfahrens- und materiell-rechtlichen Regelungen sind in dem neu in das BewG eingefügten Siebten Abschnitt (§§ 218 bis 266 BewG n.F.) zusammengefasst worden.
Rz. 435
Teil A dieses Abschnitts ("Allgemeines"; §§ 218 bis 231 BewG n.F.) enthält allgemeine Definitionen und regelt das Feststellungsverfahren, welches – wie bisher – Hauptfeststellungen, Fortschreibungen und Nachfeststellungen usw. vorsieht (§§ 221 bis 227 BewG n.F.) sowie Erklärungs-, Anzeige-, Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (§§ 228 und 229 BewG n.F.) statuiert.
Rz. 436
Teil B (§§ 232 bis 242 BewG n.F.) normiert die Bewertung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, welche sich überwiegend nach einem Reinertragsverfahren vollzieht.
Rz. 437
Teil C (§§ 243 bis 262 BewG n.F.) regelt die Bewertung des Grundvermögens. Ähnlich der bisherigen Einheitsbewertung der Grundstücke unterscheidet auch die Neuregelung neben einem für die unbebauten Grundstücke vorgesehenen "Verkehrswertverfahren" (Bodenrichtwerte pro qm mal Fläche in qm; vgl. § 247 BewG n.F.) bei den bebauten Grundstücken zwischen einem – für die überwiegende Zahl der bebauten Grundstücke anzuwendenden – Ertragswertverfahren (betreffend Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Eigentumswohnungen; vgl. § 250 Abs. 2 BewG n.F.) und einem Sachwertverfahren (betreffend Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke; vgl. § 250 Abs. 3 BewG n.F.)
Rz. 438
Zur Bewertung bebauter Grundstücke im Ertragswertverfahren vgl. §§ 252 bis 257 BewG n.F. Hier wird der Wertermittlung zum Zweck der Verfahrensvereinfachung in Abhängigkeit von der Lage des Grundstücks ein vorgegebener durchschnittlicher Sollertrag (= Nettokaltmiete pro qm) zugrunde gelegt.
Zum Sachwertverfahren vgl. §§ 258 bis 260 BewG n.F.
Zur Bewertung von Erbbaurechten und Gebäuden auf fremdem Grund und Boden vgl. §§ 261 f. BewG n.F.
Zur genauen Beschreibung der erwähnten Wertermittlungsmethoden samt Berechnungsschemata vgl. auch BT-Drucks. 19/11085, unter Teil C.
Rz. 439
Die erste Hauptfeststellung nach neuem Recht (§ 221 BewG n.F.) findet auf den 1.1.2022 statt und ist danach alle s...