1. Maßnahmen zur Vorbereitung des Bewertungsgesetzes 1965 und Vorbemerkungen
Rz. 16
Das BMF hatte schon 1950 Vorarbeiten für die Neubewertung des Grundbesitzes eingeleitet. Während sich die Vorschriften zur Bewertung des Betriebsvermögens und des Sonstigen Vermögens nach dem Bewertungsgesetz 1934 im Großen und Ganzen bewährt hatten, blieben die Vorschriften zur Bewertung des Grundvermögens, insb. bei den bebauten Grundstücken, hinter den zwischenzeitlich verbesserten, von der Wissenschaft und Praxis entwickelten Bewertungsmethoden zurück. Es waren deswegen weitgehende Änderungen der bisherigen Regelungen, die im Wesentlichen in der BewDV, in der Verordnung der Präsidenten der ehemaligen Landesfinanzämter und in den Bewertungsrichtlinien enthalten waren, erforderlich. Das BMF berief deshalb einen aus unabhängigen Sachverständigen zusammengesetzten Schätzungsausschuss, der im Jahr 1955 ein Gutachten über die Bewertung des Grundvermögens erstattete. Auf der Grundlage dieses – zwischenzeitlich um einige Nachträge ergänzten – Gutachtens leitete die Bundesregierung im Juni 1956 dem Bundestag einen entsprechenden Gesetzesentwurf zu einer Neubewertung des Grundbesitzes zu, dem allerdings kein Erfolg beschieden war.
Rz. 17
Im Sommer 1963 brachte die Bundesregierung einen weiteren Gesetzesentwurf zur Neubewertung des Grundbesitzes in den Bundestag ein, der noch in der IV. Legislaturperiode Gesetz wurde. Dieser Erfolg wurde entscheidend dadurch begünstigt, dass der BFH in der Zwischenzeit die Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft vom 2.6.1949 (VOL), welche auf den Einheitswerten beruhte, ab dem Wirtschaftsjahr 1965/66 für ungültig erklärt hatte, weil sie gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße und mit § 29 EStG in der seinerzeitigen Fassung unvereinbar sei. Nach der Unbrauchbarkeit der alten Einheitswerte als Grundlage für die Gewinnermittlung bei den nicht buchführenden Landwirten mussten, sofern man zur vereinfachten Gewinnermittlung künftig wieder von den Einheitswerten ausgehen wollte, beschleunigt neue Einheitswerte festgestellt werden. So ergingen am 13.8.1965 das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes (BewÄndG) und die Neufassung des Bewertungsgesetzes vom 10.12.1965.
Rz. 18
Das Bewertungsgesetz 1965 behielt die Gliederung und den Aufbau des früheren Gesetzes bei. Der Erste Teil des Gesetzes enthielt die "Allgemeinen Bewertungsvorschriften", der Zweite Teil die "Besonderen Bewertungsvorschriften" und der Dritte Teil die "Schlussvorschriften" (näher dazu unten Rz. 64 f.).
Rz. 19
Das für die Bewertung maßgebende Verfahren war nach wie vor primär in den Vorschriften der Reichsabgabenordnung geregelt.
2. Reformierung der Bewertungsvorschriften für den Grundbesitz
Rz. 20
Mit der Verabschiedung des BewÄndG 1965 war die Rechtsgrundlage zu einer zeitnahen Einheitsbewertung geschaffen worden. Allerdings wurden die neuen Einheitswerte der Besteuerung vorerst noch nicht zugrunde gelegt.
Rz. 21
Zweck des neuen Bewertungsgesetzes war es nicht nur, eine Neubewertung des Grundbesitzes unter Berücksichtigung der veränderten Wertverhältnisse herbeizuführen. Vielmehr war es beim Grundvermögen überdies notwendig, die bisherigen beiden Bewertungsmethoden – das sog. Rohmietenverfahren und das Sachwertverfahren – zu normieren und der modernen Schätzungslehre anzupassen. Deshalb wurden alle wesentlichen Bewertungsmerkmale, die bislang größtenteils in der BewDV, in sonstigen Rechtsverordnungen und in Verwaltungsvorschriften enthalten waren, in das Bewertungsgesetz inkorporiert. Das frühere Rohmietenverfahren, das viele Mängel und Ungleichheiten in sich barg, wurde durch ein auf den Reinertrag abgestelltes Ertragswertverfahren abgelöst. Das Sachwertverfahren, das bisher noch keinen Niederschlag im Bewertungsgesetz gefunden, sich aber in der Praxis bewährt hatte, wurde in seinen Grundzügen nunmehr im Bewertungsgesetz festgelegt. Dieses Verfahren konnte freilich nicht in allen Einzelheiten im Gesetz geregelt werden.
Rz. 22
Beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen brachte das Bewertungsgesetz 1965 vor allem eine systematische Umgestaltung hinsichtlich der bisherigen "Unterarten" dieser Vermögensart, namentlich dem "landwirtschaftlichen Vermögen", dem "forstwirtschaftlichen Vermögen", dem "Weinbauvermögen", dem "gärtnerischen Vermögen" sowie dem "sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Vermögen". Die bisherige Regelung hatte dazu geführt, dass bei einer Verbindung verschiedener Nutzungen (z.B. einer landwirtschaftlichen Nutzung mit einer forstwirtschaftlichen Nutzung), d.h. bei einem gemischten Betrieb, entschieden werden musste, welchem Hauptzweck der Betrieb diente. Unter dem Reg...