Zusammenfassung
Mit der Einführung von (Teil-)Managementsystemen, wie Qualitäts-, Umwelt- und Arbeitsschutzmanagement, wurden den Unternehmen Werkzeuge an die Hand gegeben, um eine Umsetzung zentraler Querschnittsfunktionen mit standardisierten Systemen zu vollziehen. Dafür sprechen viele gute Gründe, aber es verbirgt sich darin auch ein nicht unerhebliches Gefahrenpotenzial. Mit (Teil-)Managementsystemen laufen die Unternehmen Gefahr, das zentrale Ziel eines Führungssystems – die ganzheitliche Führung eines Unternehmens – nicht zu erreichen, denn es gibt vielfältige thematische Überschneidungen zwischen den Managementsystemen, z. B.:
- alle Systeme stellen Anforderungen an Schulungen;
- Qualitätsmanagement, Umweltschutz, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz stellen Anforderungen an die Beschaffung;
- Umweltschutz, Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit kümmern sich um Gefahrstoffe etc., sodass es zu Doppelarbeit und im schlimmsten Fall sogar zu widersprüchlichen Regelungen kommen kann.
Als Lösung bietet es sich an, Managementsysteme nicht getrennt voneinander und vom restlichen Führungssystem des Unternehmens aufzubauen. Effizienter ist ein ganzheitlich integriertes Managementsystem. Die Systematisierung und Bündelung von Managementsystemen zur Beherrschung der gesamten unternehmerischen Risiken wird dazu vermehrt in einem vernetzten Betriebssicherheitsmanagement zusammengeführt – sowohl in großen Konzernen mit eigenen Stabsbereichen, als auch besonders in Mittel-, aber auch Kleinunternehmen.
1 Ganzheitliche Anforderungen erfordern ganzheitliche Systeme
1.1 Ausgangslage
Neben den klassischen Fach- und Führungsaufgaben eines Unternehmers und seiner Führungskräfte sind zur Einhaltung gesetzlicher Auflagen und Vorschriften weitreichende Aufgabenstellungen in den Querschnittsbereichen entstanden, z. B.
- Arbeitssicherheit,
- Gesundheitsschutz,
- Umweltschutz,
- Datenschutz,
- Objektschutz,
- Brandschutz,
- Strahlenschutz,
- Krisen und Notfallvorsorge.
Die damit jeweils verbundene haftungsrechtliche Verantwortung ist inzwischen so komplex, dass es den Führungskräften immer schwerer fällt, notwendige Entscheidungen zu erkennen und zu treffen.
Der Unternehmer selbst sieht es als seine primäre Aufgabe an, die Anpassungen an neue Marktsituationen mit ihren immer kürzeren Veränderungszyklen zu vollziehen. Vielfach geht dieser Prozess mit tiefgreifenden Neuausrichtungen einher. Die Rolle des Unternehmers besteht darin, sich mit seiner Struktur und Organisation stets systematisch zu hinterfragen und an veränderte Situationen anzupassen. Nur damit kann es gelingen, das Überleben im Markt zu sichern.
Eine Optimierung der komplexen Querschnittsaufgaben und Beauftragtenfunktionen unterstützt den Unternehmer in dem Bemühen, seine Marktsituation zu stabilisieren bzw. kontinuierlich zu verbessern.
1.2 Die Entstehung eines vernetzten Betriebssicherheitsmanagements
Die Entstehung des wohl ersten bekannten Betriebssicherheitsmanagements geht auf die Errichtung eines Kernkraftwerks zurück. Es wurde in einem Industriegebiet in ein bestehendes Kraftwerksgelände integriert. Die Errichtung einer solchen Anlage stellt hohe Anforderungen an Sicherheit, Umweltschutz, Objektschutz usw. Sie lässt keine Kompromisse zu.
Zunächst galt es, die Oberbauleitung mit einer optimierten Anzahl an Fachgebieten zu besetzen. Der Bauherr forderte dazu einen definierten Ansprechpartner für alle anstehenden Querschnittsaufgaben bzw. Beauftragtenfunktionen.
Dem neu benannten "Betriebssicherheitsmanager" wurde die Koordination aller Beauftragten übertragen. Für Querschnittsfunktionen, wie dem Brandschutz und der Objektsicherung, übernahm er Fach- und Führungsverantwortung; ebenso vertrat er den Bauherrn gegenüber den Behörden in allen Bereichen. Ziel war ein definierter Ansprechpartner für den Oberbauleiter und eine optimierte Abstimmung unter den Beauftragten. Dazu wurde vorgegeben:
- Erfüllung aller gesetzlichen Forderungen und Auflagen,
- Vermeidung von Unfällen und Störfällen auf der Baustelle,
- Einhaltung aller umweltrelevanten Anforderungen an die Anlage, Öffentlichkeit und benachbarte Betriebe,
- Gründung einer Werkfeuerwehr,
- Organisation des Strahlenschutzes,
- Organisation aller Objektsicherungsmaßnahmen,
- Koordination der Fremdunternehmen in allen sicherheitsrelevanten Themen,
- Vertretung der Oberbauleitung gegenüber Aufsichtsbehörden,
- Organisation der arbeitsmedizinischen Betreuung,
- Vorbereitung und Durchführung notwendiger Schulungen/Unterweisungen für Eigen- und Fremdpersonal,
- Einführen wirksamer Zugangskontroll- und Arbeitsfreigabesysteme,
- Durchführung notwendiger Begehungen der Baustelle,
- Organisation des Krisenstabs und Notfallmanagement.
Dabei galt es, Mehrfacharbeit zu vermeiden, Schnittstellen zu optimieren sowie Synergiepotenziale zu identifizieren und optimal zu nutzen.
1.3 Integration des BSM in die oberste Leitung einer Großbaustelle
Mit der Oberbauleitung wurde durch den Vorstand des Konzerns ein Manager betraut, der über umfangreiche Erfahrungen im Errichten und Betreiben von kerntechnischen und konventionellen Kraftwerken verfügte. Für ihn hatte die Sicherheit alleroberste Priorität. Die weiteren Mitglieder der Oberbauleitung wurden durch ihn bestimmt (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Organisati...