I. Rechtsgrundlagen
Rz. 1
Das Erbschaftsteuerrecht unterliegt gem. Art. 105 Abs. 2 Alt. 2 GG der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Der Bund hat davon durch das Erbschaftsteuergesetz Gebrauch gemacht.
Rz. 2
Gem. Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG steht das Steueraufkommen aus der Erbschaftsteuer den Ländern zu. Die Steuerertragshoheit liegt also ausschließlich bei den Ländern. Gem. Art. 108 Abs. 2 GG obliegt ihnen auch die Verwaltung der Erbschaftsteuer.
Rz. 3
Mit der Erwähnung Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG bedeutet dies nach der Rechtsprechung des BVerfG, dass die Erbschaft- und Schenkungsteuer vom Grundgesetz in ihrer historisch gewachsenen Bedeutung aufgenommen und als zulässige Form des Steuerzugriffs anerkannt worden ist. Demzufolge ist die Steuer selbst verfassungsgemäß. Ihr Bestand selbst ist hingegen verfassungsrechtlich nicht garantiert. Dies auch nicht deshalb weil – wie Tipke es so schön formulierte – sie "auf ein ehrwürdiges Alter zurückblickt".
Rz. 4
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, der das Eigentum gewährleistet, steht einer Besteuerung der Erwerbe von Todes wegen nicht entgegen. Denn sein Inhalt und seine Schranken werden nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Gesetze bestimmt. Zu ihnen gehört das ErbStG. Ob das nur gilt, wenn es an den Erwerb einer einzelnen Vermögensposition anknüpft wie z.B. bei einem Vermächtnis, das einen einzelnen Gegenstand zum Inhalt hat, oder auch dann, wenn der Erwerb wie im Erbfall aus einem Vermögen besteht, ist nicht geklärt. Wie hoch die Steuerbelastung geraten darf, die das Eigentum beschränkt, ist ebenfalls nicht geklärt. Auch ob der Halbteilungsgrundsatz, den das BVerfG Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG entnommen hat, im Erbschaftsteuerrecht gilt, steht nicht fest. Aber die gute Nachricht ist, dass ihn der Gesetzgeber in weiser Voraussicht beachtet hat, ohne ihn zu kennen, indem der Höchststeuersatz auf 50 % begrenzt ist (§ 19 Abs. 1 ErbStG).
Rz. 5
Auch die Gewährleistung des Erbrechts in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG schließt die Besteuerung durch das ErbStG nicht aus. Anders als bei der Gestaltung des Eigentums hat der Gesetzgeber bei der Gestaltung des Erbrechts ohnehin einen größeren Spielraum.
Rz. 6
Die Eingriffsmöglichkeiten des Steuergesetzgebers sind umso geringer, je näher der Verwandtschaftsgrad des Erben zum Erblasser ist.
Rz. 7
Zudem darf der Grundsatz der Testierfreiheit nicht durch die Erhebung so hoher Steuern ausgehöhlt werden, dass Bildung und Wahrung von Vermögen für den Erblasser bei Einsetzung nichtverwandter Personen sinnlos würden. Auch wenn bei nichtverwandten Erben eine stärkere Steuerbelastung möglich ist, muss dem Erben mindestens ein Anteil am Erbe verbleiben, der im Verhältnis zum ursprünglichen Vermögen noch angemessen ist und der die Eigentumsnutzung durch Vererbung aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Eigentümers nicht als ökonomisch sinnlos erscheinen lässt. Die Testierfreiheit darf auch nicht durch eine ausschließlich an den Erben adressierte Erbschaftssteuer ausgehöhlt werden.
Rz. 8
Zu beachten ist auch Art. 6 GG. Danach dürfen das Ergebnis der ehelichen Erwerbsgemeinschaft und eine im Erbrecht angelegte Mitberechtigung der Kinder am Familienvermögen nicht verloren gehen. Daraus ergibt sich die Freistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens.
Rz. 9
Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber, eine einmal getroffene Belastungsentscheidung konsequent umzusetzen. Er verlangt auch eine gleichmäßige Bewertung der verschiedenen Erwerbe, ihre Werte müssen im Verhältnis untereinander realitätsgerecht bestimmt werden.