Fehlt eine dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, bestimmt § 9 Abs. 4 S. 4 EStG, dass das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte nach quantitativen Kriterien zu bestimmen ist. Danach liegt eine erste Tätigkeitsstätte vor, wenn der Arbeitnehmer an einer bestimmten betrieblichen Einrichtung dauerhaft typischerweise
- arbeitstäglich oder
- je Arbeitswoche zwei volle Tage oder
- zu mindestens einem Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit
tätig wird.
Ausübung der eigentlichen beruflichen Tätigkeit: Auf der Ebene der quantitativen Kriterien führt die betriebliche Einrichtung nur dann zu einer ersten Tätigkeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer dort seine eigentliche berufliche Tätigkeit ausübt. Das alleinige regelmäßige Aufsuchen der betrieblichen Einrichtung (Abholung oder Abgabe von Fahrzeugen, Material, Auftragsbestätigungen oder Stundenzettel) reicht für sich nicht aus, um die Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte anzusehen. Entsprechendes gilt, wenn Fahrzeuge zunächst noch be- oder entladen werden müssen. Erforderlich – aber auch ausreichend – ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat,
- die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und
- die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.
Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte: Als erste Tätigkeitsstätte wird auch eine Bildungseinrichtung behandelt, die zum Zweck eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird. Die Dauer einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme ist für die Einordnung einer Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 4 S. 8 EStG unerheblich.
Betriebs- oder Werksgelände: Befinden sich auf einem Betriebs- oder Werksgelände mehrere ortsfeste betriebliche Einrichtungen, so handelt es sich nicht um mehrere, sondern nur um eine Tätigkeitsstätte.
Beraterhinweis Der Arbeitnehmer kann je Dienstverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte haben. Dagegen sind bei einem Arbeitnehmer mit mehreren Dienstverhältnissen auch mehrere erste Tätigkeitsstätten möglich.
Mehrere Tätigkeitsstätten in einem Dienstverhältnis: Erfüllen mehrere Tätigkeitsstätten in einem Dienstverhältnis die quantitativen Kriterien für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte, kann der Arbeitgeber die erste Tätigkeitsstätte bestimmen (§ 9 Abs. 4 S. 6 EStG). Dabei muss es sich nicht um die Tätigkeitsstätte handeln, an der der Arbeitnehmer den zeitlich überwiegenden oder qualitativ bedeutsameren Teil seiner beruflichen Tätigkeit ausüben soll.