Einheitliches Vertragswerk bei Abschluss eines Kaufvertrags über Grundbesitz

Leitsatz

Die Einbeziehung von Baukosten in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage bei einem einheitlichen Vertragswerk ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar.

Sachverhalt

Der Antragstellerin wurde am 27.12.2004 ein bis zum 30.6.2005 befristetes, notariell beurkundetes Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags über Grundbesitz unterbreitet, das sie am 30.6.2005 annahm. Der Kaufpreis sollte 1,3 Mio. EUR betragen. Mit Bescheid vom 13.7.2005 setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer auf 45.500 EUR (= 1,3 Mio. EUR × 3,5 %) fest.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11.1.2006 vereinbarten die Vertragspartner, dass die Fälligkeit des Kaufpreises erst zum 30.6.2006 eintreten sollte. Zugleich erlangte das Finanzamt Kenntnis davon, dass Gegenstand eines weiteren Vertrags vom 24.1.2005 die Sanierung und der Umbau des Grundbesitzes war; die Vergütung sollte vorläufig 1,5 Mio. EUR netto betragen.

Mit Bescheid vom 8.2.2008 erließ das Finanzamt einen auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid und erhöhte die Grunderwerbsteuer um 60.900 EUR [= 3,5 % von (1,5 Mio. EUR zzgl. 16 % USt)] auf 106.400 EUR. Die Antragstellerin machte mit hiergegen erhobenem Einspruch geltend, es liege kein einheitliches Vertragswerk vor. Den Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück und lehnte die Aussetzung der Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids ab.

Entscheidung

Das FG hat den Vollziehungsaussetzungsantrag nach § 69 Abs. 3 FGO abgewiesen; über die anhängige Klage ist noch nicht entschieden. Nach § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung. Der für den Umfang der Gegenleistung maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird dabei zunächst durch das - den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende - zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Leistungsgegenstand. Nach summarischer Prüfung war Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Objekt in einem sanierten und umgebauten Zustand. Dies ergibt sich aus der zeitlichen Abfolge der beiden Vereinbarungen. Zum Zeitpunkt, als der Grundstückskaufvertrag wirksam zustande gekommen war, nämlich am 30.6.2005, war die Antragstellerin bereits seit Monaten an die Vereinbarung vom 24.1.2005 über die Sanierung und den Umbau des Gebäudes gebunden.

Hinweis

Der EuGH hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 27.11.2008 (C-158/08, DStR 2009 S. 223) entschieden, dass ein Mitgliedstaat nicht daran gehindert ist, beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstücks künftige Bauleistungen in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung von Verkehrsteuern wie die "Grunderwerbsteuer" des deutschen Rechts einzubeziehen. Er kann somit einen nach der Sechsten Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegenden Vorgang zusätzlich mit diesen weiteren Steuern belegen, sofern diese nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben. Hieraus folgt, dass Grunderwerbsteuer auch dann erhoben werden kann, wenn dies zu einer Kumulierung mit der Mehrwertsteuer bei ein und demselben Vorgang führt. Das Niedersächsische FG hat dem EuGH mit Beschluss vom 2.4.2008 (7 K 333/06, DStR 2008 S. 869; Az. des EuGH: C-156/08) die Frage vorgelegt, ob die Einbeziehung von Baukosten in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage in Fallgestaltungen des einheitlichen Vertragswerks mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Der beschließende Senat des FG Düsseldorf hat diese Zweifel des Niedersächsischen FG nicht geteilt und sich insoweit der Auffassung des FG Münster angeschlossen, dass die deutsche Grunderwerbsteuer nicht dem gemeinschaftlichen Anforderungsprofil der Mehrwertsteuer unterfällt, also nicht den Charakter einer "Sonderumsatzsteuer" hat (vgl. FG Münster, Urteil v. 19.6.2008, 8 K 4414/05, EFG 2008 S. 1317).

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Beschluss vom 02.10.2008, 7 V 2747/08 A(GE)