OFD Frankfurt, Verfügung v. 24.10.2014, S 3197 A - 4 - St 134
Mit Urteil vom 25.4.2013, II R 44/11 hat der BFH das vorinstanzliche Urteil des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg (Urteil vom 11.5.2011, 3 K 3037/06 B, EFG 2011 S. 1858) aufgehoben und entschieden, dass ein neu errichtetes Bürogebäude bereits dann als bezugsfertig angesehen werden kann, wenn nach objektivierbaren Kriterien bereits eine Vermietung möglich ist, der abschließende Innenausbau aber wegen der späteren Anpassung an die Wünsche des Mieters noch zurückgestellt wird. Nach Auffassung des BFH kann die Bezugsfertigkeit eines neu errichteten Büro- und Geschäftsgebäudes gemäß § 72 Abs. 1 Satz 3 BewG dann angenommen werden, wenn die für das Gebäude wesentlichen Bestandteile (z.B. Außenwände, Fenster, tragende Innenwände, Estrichböden, Dach, Treppenhaus) fertiggestellt sind und zumindest ein Teil des Gebäudes mietergerecht ausgebaut und benutzbar ist.
Eine Benutzbarkeit der Räumlichkeit liegt dann vor, wenn die Büro- oder Geschäftseinheit durch Wände bzw. eingebaute Türen gegenüber dem noch nicht vermieteten Bereich abgegrenzt ist, die Innenwände eingebaut und Heizung, Sanitäreinrichtung sowie alle notwendigen Grundleitungen für Wasser, Strom, Be- und Entlüftung, Kommunikationsanlagen usw. installiert sind.
Hierbei steht es der Beurteilung eines benutzbaren Gebäudes nicht entgegen, dass noch nicht alle Räumlichkeiten mietergerecht ausgebaut und benutzbar sind. Denn ein Büro- oder Geschäftsgebäude, bei dem der Innenausbau der jeweiligen Büroeinheit wegen der Anpassung an die Wünsche der zukünftigen Mieter zurückgestellt wird, gilt nach der Verkehrsanschauung als bezugsfertig und wird am Markt üblicherweise bereits in diesem Zustand zur Vermietung angeboten.
Daraus folgt, dass wenn in einem solchermaßen fertiggestellten und für den Innenausbau vorbereiten Gebäude zumindest ein Teil benutzbar ist, dies zugleich für das ganze Gebäude angenommen werden kann.
Auf diese sowie die weiteren Ausführungen des BFH in seinen Entscheidungsgründen wird hingewiesen.
Nach Abstimmung mit den Bewertungsreferatsleitern der obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder ist das Urteil in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Vorgehende, anderslautende Rechtsauffassungen sind überholt, da der BFH im zu entscheidenden Fall die Bezugsfertigkeit des gesamten Bürogebäudes unterstellt hat. Ich weise darauf hin, dass gemäß Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 30.9.2004 (S 3197 A – 4 – St III 3.03) eine entsprechende Weisungslage gegeben war.
Die Karte 1 zu § 74 BewG wird daher aufgehoben.
Über den entschiedenen Einzelfall hinaus ist nach Abstimmung auf Bund- und Länderebene bei der Ermittlung des Raummeterpreisansatzes Folgendes zu beachten:
- Der Raummeterpreis richtet sich stets nach der Gebäudeklasse der tatsächlichen oder beabsichtigten Nutzung des Gebäudes oder des Gebäudeteils.
- Im Rahmen der Bewertung ist bei einer tatsächlichen Nutzung zwischen den Ausstattungsmerkmalen „einfach” bis „aufwendig” zu unterscheiden und danach der jeweilige Raummeterpreis zu bestimmen.
- Im Rahmen der Bewertung ist bei einer beabsichtigten Nutzung als Ausstattungsmerkmal der Wertansatz für den geplanten Endausbau als jeweiliger Raummeterpreis zu bestimmen.
Normenkette
BewG § 72 Abs. 1 Satz 3