Gegenstand der Einkommensteuer ist das Erwerbseinkommen der natürlichen Personen. Das ist die Summe der Einkünfte, die der Steuerpflichtige durch eine in Gewinnabsicht ausgeübte Erwerbstätigkeit erwirtschaftet hat. Besteuert werden alle steuerpflichtigen natürlichen Personen (Universalitätsprinzip) mit ihrem gesamten verfügbaren Einkommen (Totalitätsprinzip).
3.1 Ermittlung des Einkommens
Wesentliches Kernstück ist der progressive Steuertarif. Die Bemessungsgrundlage “Einkommen” ist bestimmbar, der Tarif hingegen repräsentiert die Umverteilungsgerechtigkeit. Der finanziellen Leistungsfähigkeit trägt der Gesetzgeber durch Berücksichtigung sach- und personenbezogener Verhältnisse des Steuerpflichtigen Rechnung.
Nach der sog. Markteinkommenstheorie sind Einkünfte demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt, der sie also erwirtschaftet hat. Bei der Ermittlung der Einkünfte sind Erwerbsbezüge und Erwerbsaufwendungen unter Zurechnung zu einer bestimmten Erwerbstätigkeit zu ermitteln. Nur realisierte Einkünfte sind zu versteuern (Realisationsprinzip).
Um dieses zu erreichen, bedient sich der Gesetzgeber einer pragmatischen Legaldefinition des Einkommens durch den Einkünftekatalog. Daraus ergibt sich folgende Systematik:
Einkunftsarten |
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Gewinneinkünfte (Betriebseinnahmen ./. Betriebsausgaben; Ermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder Einnahmen-Überschussrechnung) |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit |
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft |
Überschusseinkünfte (Einnahmen ./. Werbungskosten) |
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
Einkünfte aus Kapitalvermögen |
Sonstige Einkünfte |
Die Einkünfte zusammen ergeben die Summe der Einkünfte. |
Einkünfte, die nicht unter eine der 7 Einkunftsarten fallen, sind nicht steuerbar und unterliegen nicht der Einkommensteuer (z. B. Erbschaften, Schenkungen, Lotteriegewinne). Die Einkunftsart "sonstige Einkünfte" ist also kein Auffangtatbestand für Einkünfte, die nicht bereits unter eine der anderen 6 Einkunftsarten fallen. Der Katalog der sonstigen Einkünfte ist im EStG abschließend aufgezählt. Allein die Ausübung der Tätigkeit reicht nicht. Sie muss auch von der Absicht getragen sein, Gewinn/Überschuss zu erzielen. Sonst ist die Tätigkeit nicht steuerbar. Dann können aber auch keine steuerrelevanten Verluste verrechnet werden (sog. Liebhaberei). Verluste innerhalb einer Einkunftsart sind mit Verlusten dieser Einkunftsart im jeweiligen Veranlagungszeitraum verrechenbar.
3.2 Berücksichtigung von Verlusten
Ein Ausfluss des objektiven Nettoprinzips sind der Verlustausgleich und Verlustabzug (Verlustrücktrag/-vortrag). Verluste mindern die Bemessungsgrundlage. Sie sind negative Einkünfte. Der Verlustausgleich stellt die Saldierung der negativen mit den positiven Einkünften innerhalb eines Steuerjahres dar. Der Verlustabzug ist die jahresübergreifende Fortführung der Verlustverrechnung. Als Verlustrücktrag geschieht dies, indem negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum abzuziehen sind. Soweit das nicht geschehen ist, sind sie durch Verlustvortrag zeitlich unbegrenzt in den folgenden Veranlagungszeiträumen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen.
Verlustabzug
Der Verlustabzug steht nur demjenigen Steuerpflichtigen zu, der den Verlust erlitten und ihn wirtschaftlich getragen hat. Der Verlustabzug ist grundsätzlich rechtgeschäftlich nicht übertragbar.
Verluste sind – soweit nicht zurückgetragen – einkünfteübergreifend ohne zeitliche Begrenzung im Rahmen der Sockelbeträge von 1 Mio. EUR bzw. bei zusammenveranlagten Ehegatten von 2 Mio. EUR voll vortragbar, darüber hinaus beschränkt bis zu 60 % des diese Beträge übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte. Für die Jahre 2020 und 2021 wurde der Verlustrücktrag wegen der Coronakrise auf 5 Mio. EUR bzw. 10 Mio. EUR bei Zusammenveranlagung erhöht. Eine weitere Erhöhung auf 10 Mio. bzw. 20 Mio. EUR für die Jahre 2020 und 2021 ist im 3. Corona-Steuerhilfegesetz geplant.
Fallen Verluste außerhalb des steuerbaren Einkünftebereichs an, z. B. durch Liebhaberei (= Tätigkeit aus privater Neigung ohne Einkünfteerzielungsabsicht) oder Verluste aus der Veräußerung von Privatvermögen, oder stehen sie in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen, sind Verluste nicht zu berücksichtigen.
Verlustverrechnungsbeschränkungen bestehen bei Auslandseinkünften und bei Termingeschäften.
3.3 Steuerfreie Einnahmen, Freibeträge und Freigrenzen
Einige Einnahmen des Steuerpflichtigen dürfen bei der Einkommensteuer nicht berücksichtigt werden. Sie sind von dieser befreit, auch wenn sie im Zusammenhang mit einer der o. a. Einkunftsarten stehen. Gemeint sind vor alle...