Leitsatz
Betreiben zusammen veranlagte Ehegatten in GbR eine Photovoltaikanlage auf ihrem eigengenutzten Wohnhaus, so hat eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen regelmäßig zu unterbleiben, wenn kein Streit über Höhe und Aufteilung der daraus resultierenden Einkünfte besteht. Dem steht nicht entgegen, dass die GbR keinen Gebrauch von der Nichterhebung der Umsatzsteuer als Kleinunternehmer macht.
Normenkette
§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 AO, § 4 Abs. 3, § 26b EStG, § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, § 19 UStG, § 709 Abs. 1, § 714 BGB
Sachverhalt
Zusammenveranlagte Ehegatten hatten auf ihrem eigengenutzten Einfamilienhaus eine Fotovoltaik-Anlage errichtet und erzielten aus der Einspeisung von Strom ins öffentliche Netz Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Umsatzsteuerlich hatten sie zur Regelbesteuerung optiert.
Für das Streitjahr 2014 gaben die Ehegatten Steuererklärungen zur ESt, GewSt und USt ab, nicht jedoch eine Gewinnfeststellungserklärung. Das FA stellte auf der Grundlage einer Schätzung Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch einen Gewinnfeststellungsbescheid fest, gegen den sich die Ehegatten mit der Begründung zur Wehr setzten, eine gesonderte und einheitliche Feststellung der dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Einkünfte sei nicht erforderlich. Damit hatten die Ehegatten zwar nicht im Einspruchsverfahren, aber im anschließenden Klageverfahren vor dem FG Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 22.2.2017, 9 K 230/16, Haufe-Index 10582339, EFG 2017, 541).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA zurück. Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass ein Fall von geringer Bedeutung i.S.d. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 AO vorliege und deshalb eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nicht durchzuführen sei.
Hinweis
1. Wenn Einkünfte von mehreren Steuerpflichtigen gemeinschaftlich erzielt werden, sind diese nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen (sog. Gewinnfeststellung). Dies dient dazu, widersprüchliche Entscheidungen bei der Einkommensteuerfestsetzung der Beteiligten zu vermeiden.
2. Grundsätzlich betrifft die Vorschrift auch die gemeinschaftliche Einkunftserzielung von Ehegatten. Wenn die Ehegatten allerdings zusammen veranlagt werden und kein Streit über Art und Höhe der Einkünfte besteht, kann es keine widersprüchlichen Entscheidungen bei der Einkommensteuerfestsetzung geben; für eine Gewinnfeststellung besteht dann kein Bedarf.
Derartige Fälle muss der Gesetzgeber für die Anwendung des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO im Auge gehabt haben, wonach keine Gewinnfeststellung durchzuführen ist, "wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt, insbesondere weil die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen". Dass nur Ehegatten oder nur Personen beteiligt sind, für deren Einkommensteuerfestsetzung das Feststellungs-FA zugleich zuständig ist, reichte dem BFH in der Vergangenheit zwar nicht aus. Bei zusammenveranlagten Ehegatten und einheitlicher Zuständigkeit desselben FA sowie unstreitiger Art und Höhe der Einkünfte handelt es sich nach dem hiesigen Urteil des BFH aber um einen Fall von geringer Bedeutung, in dem keine Gewinnfeststellung durchzuführen ist.
3. In einem Fall geringer Bedeutung nach § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO steht die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nicht im Ermessen des FA, z.B. weil es aufgrund interner Zuständigkeitsverteilung eine einheitliche Handhabung bei ESt und USt sicherstellen will. Das Feststellungsverfahren dient nicht zur Beseitigung etwaiger interner Organisationsmängel.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.2.2020 – IV R 6/17