Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
1. Bei teilweise selbst genutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen ist die Frage, ob der Steuerpflichtige mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet hat, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden.
2. Die Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen ist schon dann erforderlich, wenn er sich eine Zeit der Selbstnutzung vorbehalten hat, unabhängig davon, ob, wann und in welchem Umfang er von seinem Eigennutzungsrecht tatsächlich Gebrauch macht oder nicht.
3. Unerheblich ist, ob sich der Vorbehalt der Selbstnutzung aus einer einzelvertraglich vereinbarten Vertragsbedingung oder aus einem formularmäßigen Mustervertrag ergibt.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
K hatte 1999 ein unbebautes Grundstück erworben, auf dem er ein Ferienhaus errichten ließ. Er schloss mit der F-GmbH einen Gästevermittlungsvertrag für die Zeit vom 1.4.2000 bis 31.3.2010 ab. Der Vertrag sieht in den vorformulierten Vertragsbedingungen u.a. vor, dass K sein Ferienhaus "nur in der Zeit zwischen dem 15. Januar und dem 30. März oder dem 1. November bis 15. Dezember" eines Jahres selbst nutzen dürfe und dass die Zeit der Selbstnutzung insgesamt jährlich 4 Wochen nicht überschreiten darf. Vertraglich hatte sich K "im Interesse ... der Vermietbarkeit" des Ferienhauses auch verpflichtet, das Grundstück nebst Ferienhaus mit Inventar und Mobiliar in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten, insbesondere die Räume in angemessenen Abständen je nach Abnutzungsgrad zu renovieren und das Inventar und Mobiliar bei Bedarf instand zu setzen, zu erneuern oder zu ergänzen. Obwohl in dem Vermietungsvermittlungsvertrag von einem "hotelmäßigen" Angebot des Ferienhauses die Rede ist, wurde dieses ab April 2000 regelmäßig über Zeiträume von ein bis zwei Wochen, häufig auch länger vermietet. Die Auslastung des Objekts lag in den Jahren 2000 bis 2010 zwischen 115 und 184 Vermietungstagen pro Jahr.
K machte für 2004 und 2005 Werbungskostenüberschüsse geltend, die das FA nicht anerkannte. Anders das FG (FG Köln, Urteil vom 30.6.2011, 10 K 4965/07, Haufe-Index 2740117, EFG 2011, 1882): Es vertrat die Auffassung, K hätte nicht, wovon die Beteiligten bisher übereinstimmend ausgegangen waren, gewerbliche Einkünfte aus einer "hotelmäßigen" Überlassung des Ferienhauses, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, da die Vermietung unstreitig mindestens wochenweise, häufig sogar für mehrere Wochen erfolgt sei und es nur in wenigen zu vernachlässigenden Ausnahmefällen zu Vermietungen über 4 Tage (jeweils eine Vermietung in den Jahren 2001, 2003, 2005, 2006, 2008, 2009) gekommen sei. Entgegen der Auffassung des FA sei im Streitfall keine Überschussprognose durchzuführen, obwohl K sich eine Selbstnutzung des Objekts vorbehalten hätte. Denn zum einen habe die Möglichkeit der "Selbstnutzung" außerhalb der allgemeinen Ferienzeiten gelegen und vertraglich zur Pflege und Instandsetzung von Wohnung und Mobiliar genutzt werden müssen; zum anderen hätte K eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Vermietungstagen erreicht. Darin liege keine "Selbstnutzung" im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Entscheidung
Der BFH sah das aus den in den Praxis-Hinweisen wiedergegebenen Gründen anders.
1. Allerdings liegt in Übereinstimmung mit der FG-Auffassung keine gewerbliche Vermietung vor. Bei der Vermietung eines Ferienhauses kann ein Gewerbebetrieb nur dann angenommen werden, wenn vom Vermieter bestimmte, ins Gewicht fallende, bei der Vermietung von Räumen nicht übliche Sonderleistungen erbracht werden oder wenn wegen eines besonders häufigen Wechsels der Mieter eine gewisse – einem gewerblichen Beherbergungsbetrieb vergleichbare – unternehmerische Organisation erforderlich ist. So lag es nach den Feststelllungen des FG hier nicht.
2.Der BFH konnte in der Sache aber nicht durchentscheiden und verwies die Sache als nicht spruchreif zurück. Das FG wird im zweiten Rechtszug eine Totalüberschussprognose durchführen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die zukünftig zu erwartenden Einnahmen nur dann anhand des Durchschnitts der in der Vergangenheit angefallenen Einnahmen zu schätzen sind, wenn keine ausreichenden objektiven Umstände für die zukünftige Entwicklung der Mieteinnahmen vorliegen. Eine der allgemeinen Preisentwicklung angepasste Einnahmenermittlung ist daher bei hinreichenden Anhaltspunkten – die sich wiederum aus der Entwicklung in der Vergangenheit ergeben können – zulässig. Als Werbungskosten sind in die Prognose nur solche Aufwendungen einzubeziehen, die (ausschließlich oder anteilig) auf Zeiträume entfallen, in denen die Ferienwohnung an Feriengäste tatsächlich vermietet oder zur Vermietung angeboten und bereitgehalten worden ist (der Vermietung zuzurechnende Leerstandszeiten), nicht dagegen die auf die Zeit der – im Streitfall auf 4 Wochen im Jahr begrenzten – nicht steuerbaren Selbstnutzung entfallenden Aufwendungen. Letzteres is...