Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Eine vorangegangene Vermietung von später in einer größeren Wohneinheit aufgegangenen Wohnräumen entfaltet keine Indizwirkung für eine Einkünfteerzielungsabsicht bezogen auf das Gesamtobjekt.
Normenkette
§ 2 Abs. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Herr K erbte von seinem Vater ein im Westerwald gelegenes Haus, das Familienhaus, in dessen Erdgeschosswohnung noch eine Tante (die Schwester des Vaters) als Mieterin wohnte, der überdies noch ein obligatorisches Wohnrecht zustand. Das Obergeschoss war vom Vater genutzt worden, aber auch – vor und nach seinem Tod – von der Tante, weil sich dort das einzige Badezimmer befand.
K begann 1998 mit den Renovierungsarbeiten, die er selbst durchführte und die noch im Jahr 2009 nicht abgeschlossen waren. Er fasste die beiden Wohnungen zu einer Wohneinheit zusammen. Seit 2001 verfügt das Haus – neben den schon vorhandenen Schlafräumen – über ein neues Bad und eine Gästetoilette; später war eine neue Küche eingebaut und die Außenhaut saniert worden. Auch die Gartenanlage wurde gepflegt und eine Satellitenanlage montiert. K übernachtete im Zuge der Sanierungsarbeiten regelmäßig mit seiner Familie an den Wochenenden in dem Anwesen.
FA und FG berücksichtigten die Aufwendungen des K im Rahmen der von ihm geltend gemachten Einkunftsart Vermietung und Verpachtung nicht (FG Köln, Urteil vom 28.04.2009, 8 K 1214/07, Haufe-Index 2309477, EFG 2010, 786). K habe seine Vermietungsabsicht nicht belegt.
Entscheidung
Der BFH bestätigte diese Entscheidung. Aus den in den Praxis-Hinweisen dargelegten Gründen sah er in der Vermietung durch den Vater kein Indiz für die Einkünfteerzielungsabsicht seines Sohnes. Dieser habe keinerlei Vermietungsbemühungen entfaltet. Aus dem Ausbauzustand habe das FG zutreffend geschlossen, dass K das Objekt selbst genutzt habe.
Hinweis
1. Nach der ständigen Rechtsprechung ist eine auf Dauer ausgerichtete Vermietungstätigkeit die Grundlage für die typisierende Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen. Natürlich entfaltet dann auch eine vorangegangene, auf Dauer angelegte Vermietung eine Indizwirkung, dass die betreffende Wohnung selbst während Leerstandszeiten der Erzielung von Vermietungseinkünften diente.
2. Das mag aber anders sein, wenn es um ein ererbtes Haus mit einem übernommenen Mietverhältnis aus Versorgungsgründen zugunsten eines nahen Angehörigen des Erblassers geht. Wenn nun diese Wohnung in einer neuen Wohneinheit (Einfamilienhaus) aufgehen soll, so ist die Indizwirkung zu verneinen.
3. Die interessante Frage, ob eine in der Person des Erblassers möglicherweise noch gegebene Einkünfteerzielungsabsicht eine Indizwirkung für den Rechtsnachfolger hat, ist wohl ungeklärt und musste hier vom BFH nicht beantwortet werden. Denn nach der besonderen Konstellation des Streitfalls diente das Mietverhältnis des Erblassers mit der nahen Angehörigen deren Vorsorgung.
Die Indizwirkung scheitert – unabhängig von der vorausgehenden Vermietung – aber schon, wenn der Steuerpflichtige nach dem Ende des Mietverhältnisses die bis dahin bestehende Aufteilung des Objekts in zwei Wohnungen nicht beibehält, sondern Erd- und Obergeschoss zu einer einzigen Wohneinheit zusammenfasst. Deshalb beziehen sich die Aufwendungen auf ein anderes Objekt. Die vorangegangene Vermietung erlaubt keine Rückschlüsse auf eine eventuelle Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich des neuen, das gesamte Anwesen umfassenden Objekts.
4. Im Anschluss an die Entscheidung gibt der BFH noch einen wichtigen Hinweis: Lässt sich nämlich nach einem längeren Zeitraum (hier mehr als 10 Jahre nach Renovierungsbeginn) nicht absehen, ob und wann das Objekt durch Vermieten genutzt wird, ist es nicht zu beanstanden, wenn sich das FG vom Vorliegen einer entsprechenden Absicht nicht überzeugen kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.08.2010 – IX R 3/10