Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
§ 4 Abs. 3 EStG selbst enthält keine Verpflichtung zur Aufzeichnung von Einnahmen und/oder Betriebsausgaben. Diese ergeben sich jedoch aus § 22 UStG, wobei die Verpflichtung zur Aufzeichnung der vereinnahmten Entgelte unmittelbar auch für die Einkommensteuer gilt. Schließlich trägt der Einnahmen-Überschussrechner wie jeder andere Steuerpflichtige die Beweislast für die Richtigkeit seiner Angaben. Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdient eine Einnahmen-Überschussrechnung Vertrauen und kann für sich die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen.
Das Fehlen einer Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bedeutet nicht, dass das Finanzamt die erklärten Gewinne oder Verluste stets ungeprüft hinnehmen muss. Der Steuerpflichtige trägt das Risiko, dass das Finanzamt oder das Finanzgericht die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen können und deshalb die Voraussetzungen für eine Schätzung gemäß § 162 AO erfüllt sind. Zur (Hinzu-)Schätzung berechtigen auch formelle Mängel der Aufzeichnungen über Bareinnahmen, die zwar keinen sicheren Schluss auf eine Einnahmenverkürzung zulassen, aber dazu führen, dass keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen besteht.
4.1 Aufzeichnung von Betriebseinnahmen
Einnahmen sind grundsätzlich einzeln aufzuzeichnen, das gilt auch für Bareinnahmen. Ausnahmen gibt es bei einer Vielzahl von einzelnen Geschäften mit geringem Wert, z. B. für Einzelhändler, die Waren an unbekannte Kunden gegen Barzahlung verkaufen. Einzelheiten sind auch dem BMF-Schreiben v. 19.6.2018 zu entnehmen.
Auch wenn eine Verpflichtung zur Führung eines Kassenbuchs nicht besteht, sollte die Einnahmeermittlung nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein. Im Übrigen ergibt sich der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht aus den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften in § 22 Abs. 1 Nr. 1 UStG somit auch für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG.
EC Kartenumsätze dürfen im Kassenbuch nicht erscheinen. Werden diese allerdings im Kassenbuch erfasst und in einem weiteren Schritt gesondert kenntlich gemacht oder wieder aus dem Kassenbuch auf ein gesondertes Konto aus- bzw. umgetragen, so liegt zwar ein formeller Mangel vor, der bei der Gewichtung weiterer formeller Mängel im Hinblick auf eine eventuelle Verwerfung der Buchführung nach § 158 AO regelmäßig außer Betracht bleibt.
Kassensysteme
Seit dem 1.1.2002 sind Unterlagen i. S. des § 147 Abs. 1 AO, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind, während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufzubewahren. Das BMF-Schreiben v. 26.10.2010 zur "Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften" konkretisiert diese Anforderung u. a. hinsichtlich der elektronischen Kassensysteme:
- Alle steuerlich relevanten Einzeldaten sind unveränderbar und vollständig aufzubewahren (Einzelaufzeichnungspflicht). Eine Verdichtung dieser Daten oder ausschließliche Speicherung der Rechnungsendsummen ist unzulässig.
- Ein ausschließliches Vorhalten aufbewahrungspflichtiger Unterlagen in ausgedruckter Form ist nicht ausreichend.
- Die digitalen Unterlagen und die Strukturinformationen müssen in einem auswertbaren Datenformat vorliegen.
- Die Einsatzorte und -zeiträume der Geräte sind zu protokollieren und diese Protokolle aufzubewahren.
- Die zum Gerät gehörenden Organisationsunterlagen (u. a. Bedienungsanleitung, Programmieranleitung) müssen aufbewahrt werden.
- Die Aufzeichnungen müssen den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) entsprechen.
Zur Schätzungsbefugnis bei manipulierbaren Kassensystemen hat der BFH ausführlich Stellung genommen. Eine Vollschätzung ist danach nur zulässig, wenn die festgestellten Mängel gravierend sind.
Das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen verschärft die Anforderungen an Unternehmen, die Bargeschäfte tätigen. Die Kernpunkte sind:
. Die Kassen-Nachschau kann unangekündigt erfolgen und stellt ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und der ordnungsgemäßen Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Buchführung dar. Näheres zu Vorgehen und Befugnissen der Finanzverwaltung regelt ein BMF-Schreiben.
- Verpflichtender Einsatz einer technischen Sicherheitseinrichtung bei Nutzung eines elektronischen Aufzeichnungssystems (keine Registrierkassenpflicht)
Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen bereits seit 2020 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Werden bisher Geräte eingesetzt, die die Voraussetzungen des BMF Schreibens v. 26.11.2010 erfüllen, aber nicht aufrüstbar sind, galt eine verlängerte Üb...