Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
1. Die Annahme von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft setzt eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr voraus.
2. Ein Gewinn aus der Entnahme eines betrieblichen Grundstücks entfällt nicht dadurch, dass eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor Betriebsaufgabe oder -veräußerung aufgegeben wird.
Normenkette
§ 13 EStG , § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger verschenkten im Jahr 1987 einen Miteigentumsanteil an einem unbebauten Grundstück an Tochter und Schwiegersohn. In diesem Jahr wurde ein Bebauungsplan für das Grundstück aufgestellt. Im Liegenschaftskataster war die Fläche bis dahin als Grünland ausgewiesen. Das FA hatte einen Einheitswert des Grundvermögens festgestellt und das Grundstück nicht als Betriebsvermögen bezeichnet. Tatsächlich standen auf dem Grundstück sowie auf zwei anderen Flächen der Kläger insgesamt 20 Apfelbäume, 5 Birnbäume und 1 Zwetschgenbaum.
Als das FA von der Schenkung erfuhr, ging es davon aus, dass die Kläger einen Obstbaubetrieb unterhielten, und erfasste einen Gewinn aus der Entnahme der Teilfläche von 68 549 DM. Das FG gab der Klage zunächst statt, erhielt das Verfahren aber vom BFH zurück, um festzustellen, ob die Fläche Betriebsvermögen eines Obstbaubetriebs gewesen sei. Daraufhin gab das FG der Klage erneut mit der Begründung statt, es habe sich nicht davon überzeugen können, dass sich die Kläger von 1982 bis zum Streitjahr mit von ihnen erzeugtem Obst am wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hätten.
Entscheidung
Der BFH verwies das Verfahren zum zweiten Mal an das FG zurück. Das FG habe erneut zu Unrecht aus der fehlenden Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr in den letzten Jahren gefolgert, dass das Grundstück kein Betriebsvermögen sei. Es müsse geprüft werden, ob die Kläger früher einen Obstbaubetrieb übernommen oder begründet hätten.
Hinweis
1. Wie bei Einkünften aus Gewerbebetrieb ist auch bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erforderlich, dass sich der Unternehmer mit seiner Tätigkeit bzw. seinen Produkten am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Denn besteuert wird nur das Einkommen, das am Markt erzielt wurde. Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG, der die grundlegenden Voraussetzungen für alle drei betrieblichen Einkunftsarten festlegt. Der BFH erteilt hier der von Märkle/Hiller (Die Einkommensbesteuerung von Land- und Forstwirten, 8. Aufl. 2001, Rdnr. 152) vertretenen Ansicht, bei der Land- und Forstwirtschaft reiche schon die Selbstversorgung zur Besteuerung von Einkünften aus, eine klare Absage.
2. Wie die Selbstversorgung ist auch die unentgeltliche Versorgung von Angehörigen mit landwirtschaftlichen Produkten keine Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr. Zahlen die Angehörigen allerdings ein Entgelt, ist darin eine Marktteilnahme des Landwirts zu sehen. Das wird auch dann gelten müssen, wenn die Preise unter dem Niveau des freien Handels liegen oder nur eine Erstattung der Selbstkosten beinhalten. Dann wäre aber zu prüfen, ob beim Landwirt Gewinnerzielungsabsicht besteht.
3. Wenn der BFH im hiesigen Urteil davon absieht, dass die Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr noch bis zur Schenkung des Grundstücks angedauert haben muss, bedeutet das keine Relativierung der vorherigen Aussage, eine Marktteilnahme sei auch beim Landwirt zwingend erforderlich. Hier geht es vielmehr um eine andere Frage, nämlich die, ob die Einstellung der Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr bereits die Betriebsaufgabe zur Folge hat. Diese Frage verneint der BFH jetzt ausdrücklich, ohne damit Neuland zu betreten. Denn schon bisher kannte man den ruhenden Betrieb, der nichts anderes als ein nicht mehr am Marktgeschehen beteiligter Betrieb ist. Damit bleiben die stillen Reserven des Betriebs bis zu seiner Aufgabe oder Veräußerung steuerverstrickt. Soweit mit Einstellung der Marktteilnahme auch die Gewinnerzielungsabsicht entfällt, werden die stillen Reserven allerdings nach der Rechtsprechung zur Liebhaberei zu diesem Zeitpunkt "eingefroren". Später eintretende Wertsteigerungen unterliegen dann nicht mehr der Besteuerung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.12.2001, IV R 86/99