4.1 Abgrenzung und Zukauf
In langjähriger Rechtsanwendung hat der Zukauf land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse dem land- und forstwirtschaftlichen Charakter des Betriebs nicht geschadet, wenn er dauernd und nachhaltig 30 % des Umsatzes nicht überschritten hat. Bei Anwendung dieser Grenze stellte die Finanzverwaltung den Zukauf mit seinem Einkaufswert dem Umsatz gegenüber. Außerdem sollte der Zukauf nur insoweit unter die 30 %-Grenze fallen, als die zugekauften Erzeugnisse land- und forstwirtschaftlicher Art und für den Betrieb typisch sind.
Bei Gärtnereien und Baumschulen waren z. B. die Erzeugnisse des Gemüse-, Blumen- und Zierpflanzenbaus, des Obstbaus und der Baumschulen typisch. Nicht betriebstypisch waren z. B. bei einer Gärtnerei zugekaufter Wein, zugekauftes Mehl oder zugekaufte Eier. Dasselbe galt generell beim Zukauf von Erzeugnissen, die in Deutschland nicht wachsen, wie z. B. Orangen, Zitronen, Bananen und tropische Ziergehölze.
Die Gegenüberstellung der artverschiedenen Werte des Umsatzes mit den Anschaffungskosten des Zukaufs ist schon wiederholt auf die ablehnende Kritik des BFH gestoßen. Denn die mathematisch fragwürdige Rechenmethode hatte manchem Landwirt einen erheblichen gewerblichen Betätigungsfreiraum eröffnet. Auf die höchstrichterliche Kritik hatte die Finanzverwaltung zunächst für nach dem 31.12.1995 beginnende Wirtschaftsjahre die Zukaufsgrenze dadurch zurückverlegt, dass der Umsatzanteil, der auf die Veräußerung der Fremderzeugnisse entfällt, "auf den ersten Blick" nicht überwiegen darf.
Der IV. Senat des BFH hat nunmehr dieses gesamte Regelwerk der Finanzverwaltung verworfen, jedoch seine bisherige Judikatur insoweit bestätigt, nach der die Vermarktung der selbstgewonnenen Erzeugnisse unselbstständiger Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung und kein Nebenbetrieb ist, gleichgültig ob diese vom Hof oder von einem räumlich getrennten Handelsgeschäft, z. B. einem Marktstand, bewirkt wird. Ohne Bedeutung ist danach auch, ob sie an Wiederverkäufer oder an Endverbraucher im Hofladen oder durch Auslieferung geschieht. Erzeugerbetrieb in diesem Sinne kann ein Einzelunternehmen ebenso wie eine Mitunternehmerschaft einschließlich der Sonderbetriebsvermögen aller Mitunternehmer sein.
Werden dementsprechend neben den Eigenerzeugnissen auch zugekaufte Produkte abgesetzt, bildet die Vermarktung – neben der landwirtschaftlichen Erzeugung – nach der zitierten neuen Rechtsprechung dann eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit, wenn der Nettoumsatzanteil daraus, d. h. ohne Umsatzsteuer, ⅓ des im "Hofladen" (oder ggf. in mehreren Verkaufsstellen des Landwirts) erzielten Nettogesamtumsatzes oder 51.500 EUR im Wirtschaftsjahr nachhaltig übersteigt. Diese neue Rechtsprechung ist m. E. zu begrüßen, denn sie wirkt vereinfachend und ist deshalb weniger streitanfällig. Gleichwohl wandte sie die Finanzverwaltung – nach erheblichem Druck der bäuerlichen Interessenverbände – zwingend erstmals für das am 1.7.2013 begonnene Wirtschaftsjahr 2013/2014, Kalenderjahr 2014 an. Die Verzögerung war m. E. verfassungsrechtlich bedenklich.
Die Übertragung der Eigenerzeugnisse vom landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieb auf das Handelsgeschäft ist mit den üblichen Großhandelsverkaufspreisen zu bewerten; § 6 Abs. 5 EStG ist nicht einschlägig. Auf den bisherigen Einkaufswert-Umsatz-Vergleich wird nicht mehr abgestellt.
Vermarktung als Gewerbebetrieb
Wird eine Grenze nachhaltig überschritten, so ist zunächst allein die Vermarktung ein selbstständiger Gewerbebetrieb. Der Gesamtbetrieb wird jedoch nur bei Personengesellschaften gewerblich infiziert, wenn der Hofladen nicht ausgegliedert wird.
Zugekaufte Produkte in diesem Sinne sind sowohl betriebstypische und nicht betriebstypische landwirtschaftliche Erzeugnisse wie auch alle sonstigen Handelswaren, auch wenn sie ggf. die übliche Produktpalette ergänzen. Den früheren Differenzierungen "vermag der Senat nicht zu folgen". Selbstverständlich bleiben – wie bisher – jene zugekauften Fremdprodukte für die Abgrenzung unbeachtlich, die für den Erzeugungsprozess verwendet werden, wie Saatgut, Dünger, Jungpflanzen oder Jungtiere.
4.2 Besen- und Straußwirtschaften
Die Finanzverwaltung beurteilt die Einkunftsart allein nach den Umsatzverhältnissen der Besen- und Straußwirtschaft. Sie ist noch Land- und Forstwirtschaft, wenn der gewerbliche Umsatzteil aus Speisen und zugekauften Getränken
- 50 % des Umsatzes der Besen- und Straußwirtschaft nicht übersteigt und außerdem
- nicht mehr als 51.500 EUR im Wirtschaftsjahr beträgt.
Weinproben gehören zur Vermarktu...