Arbeitnehmer haben gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber bei Auszahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform erteilt.

Textform

Gemäß § 126b BGB genügt es für die Textform, wenn eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Es bedarf daher nicht unbedingt einer klassischen Abrechnung in Papierform, sondern es genügt die digitale Form (z.B. Zurverfügungstellung als PDF per E-Mail oder Abrufbarkeit auf einem Onlineportal).

Erteilung

Die Entgeltabrechnung muss nach dem Wortlaut des § 108 Abs. 1 GewO "erteilt" werden. Der Arbeitnehmer soll in die Lage versetzt werden, die Berechnung und Bezahlung des gezahlten Arbeitsentgeltes nachvollziehen zu können.[1] Dementsprechend ist es nicht ausreichend, dass die Entgeltabrechnung erstellt wird, sondern sie muss dem Arbeitnehmer auch zugehen, i. S. v. § 130 BGB.[2] Der nach § 130 BGB maßgebliche Zugang unter Abwesenden liegt dann vor, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann.[3] Danach ist Zugang der Willenserklärung bereits dann anzunehmen, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass für ihn die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht, auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es in der Regel nicht an. Beispielsweise gelangt eine SMS oder E-Mail in den Machtbereich des Empfängers, wenn sie im "Posteingangsordner" des Empfängers auf dem Server seines Providers abgespeichert wurde.

Bei Übermittlung einer Erklärung auf elektronischem Wege ist allerdings besonders darauf zu achten, ob der Empfänger mit dieser Form der Übermittlung rechnen musste. Es bedarf daher nach Ansicht der Arbeitsgerichte der Zustimmung des Arbeitnehmers zur elektronischen Übermittlung der Lohnabrechnung. Andernfalls muss der Empfänger (Arbeitnehmer) nämlich nicht damit rechnen, dass ihm Gehaltsabrechnungen auf digitalem Weg übermittelt werden.[4] Die Lohnabrechnung wurde in diesem Fall nicht "erteilt". Während das LAG Hamm 2021 noch differenzierte zwischen der Zustellung über eine dienstliche E-Mailadresse und sonstigen Mitteln der Telekommunikation[5], verlangt das LAG Niedersachsen nun für alle Arten der elektronischen Datenübermittlung die Zustimmung des Arbeitnehmers. Das Einverständnis kann dabei nur in eine bestimmte elektronische Empfangsvorrichtung und nicht allgemein in alle Arten der elektronischen Übermittlung erfolgen.

Nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung bedarf die elektronische Übermittlung also der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer, die nicht durch eine Betriebsvereinbarung ersetzt werden kann.[6]

Verknüpfung mit anderen Dokumenten

Grundsätzlich empfiehlt es sich, wenn weitere Dokumente auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt werden sollen, diese ebenfalls explizit in die Zustimmungserklärung aufzunehmen. Hinsichtlich der Lohnsteuerbescheinigung ist dies allerdings nicht notwendig, da § 41b Abs. 1 S. 3 EStG hier ohnehin bereits die elektronische Form vorgibt.

Für die DEÜV-Meldung gilt nach § 25 Abs. 2 Datenerfassungs- und -Übermittlungsverordnung (DEÜV): Die Bescheinigung kann auf den üblichen Lohn- und Gehaltsabrechnungen erteilt werden. Dennoch empfiehlt es sich klarstellend auch die DEÜV-Meldung in die Zustimmungserklärung aufzunehmen.

Sollen auch weitere Dokumente auf diesem Weg zur Verfügung gestellt werden, so muss für jedes einzelne geprüft werden, ob die gesetzlichen Formvorschriften dies zulassen oder die Parteien über die gesetzlichen Formvorschriften wirksam disponieren können. Sofern dies bejaht wird, sollte das jeweilige Dokument in der Zustimmungserklärung konkret bezeichnet werden.

Folgen falscher / fehlender Lohnabrechnung

Wird der Anspruch aus § 108 Abs. 1 GewO bei elektronischer Übermittlung der Abrechnung mangels Zustimmung des Arbeitnehmers nicht ordnungsgemäß erfüllt, kann der Erfüllungsanspruch weiter vom Arbeitnehmer geltend gemacht werden. Die Vollstreckung des Abrechnungsanspruchs erfolgt nach § 888 ZPO.[7] Darüber hinaus kommen Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB und bei verspäteter Abrechnung Ansprüche aus Verzug gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB in Betracht.

[1] BAG, Urteil v. 10.1.2007, 5 AZR 665/06.
[2] LAG Hamm, Urteil v. 23.9.2023, 2 Sa 179/21; LAG Niedersachsen, Urteil v. 16.1.2024, 9 Sa 575/23.
[3] BGH, Urteil v. 6.10.2022, VII ZR 895/21; BAG, Urteil v. 22.8.2019, 2 AZR 111/19.
[4] LAG Niedersachsen, Urteil v. 16.1.2024, 9 Sa 575/23.
[5] Vgl. LAG Hamm, Urteil v. 23.9.2023, 2 Sa 179/21 – Erteilung gegeben bei dienstlicher E-Mail.
[6] LAG Niedersachsen, Urteil v. 16.1.2024, 9 Sa 575/23.
[7] BAG, Beschluss v. 7.9.2009, 3 AZB 19/09; LAG Hamm, Urteil v. 8.2.2023, 12 Ta 233/22.

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