Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. j EStG wirft nach seinem eindeutigen Wortlaut, das nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) gezahlte Elterngeld dem Progressionsvorbehalt zu unterstellen, keine klärungsbedürftigen, die Revisionszulassung rechtfertigenden Fragen auf.
2. Das Elterngeld bezweckt, die durch die erforderliche Kinderbetreuung entgangenen Einkünfte teilweise auszugleichen. Dies gilt auch dann, wenn nur der Sockelbetrag nach § 2 Abs. 5 BEEG geleistet wird.
Normenkette
§ 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. j, § 32b Abs. 2 EStG, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, § 2 Abs. 5 BEEG
Sachverhalt
Die Kläger, Eheleute, erhielten für ihr Kind Elterngeld nach dem BEEG. Das FA unterwarf das Elterngeld im ESt-Steuerbescheid für 2007 dem Progressionsvorbehalt. Die Kläger machten dagegen geltend, dass es nur insoweit dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden dürfe, wie es den Mindestbetrag (300 EUR/Monat) nach § 2 Abs. 5 BEEG übersteige. Der Mindestbetrag des Elterngelds selbst dürfe als reine Sozialleistung nicht dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden.
Das FG wies die Klage ab und ließ die Revision nicht zu (FG Nürnberg, Urteil vom 19.02.2009, 6 K 1859/2008, Haufe-Index 2143169, EFG 2009, 846).
Mit der gegen die Nichtzulassung der Revision erhobenen Beschwerde machten die Kläger als Revisionszulassungsgrund die grundsätzliche Bedeutung geltend. Der BFH habe bisher noch nicht entschieden, ob das Mindestelterngeld des BEEG dem Progressionsvorbehalt unterfalle.
Entscheidung
Der BFH wies aus den in den Praxishinweisen dargestellten Erwägungen die Nichtzulassungsbeschwerde zurück.
Hinweis
Die Rechtmaßstäbe zu den Voraussetzungen der grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO stehen fest (z.B. BFH, Beschluss vom 24.07.2008, VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838, m.w.N.).
1. Nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. j EStG ist auf das "Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz" (BEEG) der besondere Steuersatz nach § 32b Abs. 2 EStG (= Progressionsvorbehalt) anzuwenden. Angesichts dieses eindeutigen Wortlauts sah der BFH keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen im Hinblick auf die Geltung des Progressionsvorbehalts.
2.Das Elterngeld ist auch nicht aufzuteilen in einen rein sozialrechtlichen Sockelbetrag nach § 2 Abs. 5 BEEG und in einen den Einkünftewegfall ausgleichenden weiteren Aufstockungsbetrag. Die Materialien des Gesetzgebungsverfahrens (BTDrucks. 16/1889; BTDrucks. 16/2454; BTDrucks. 16/2785) sprachen für das Gegenteil: Danach sollten die durch die erforderliche Kinderbetreuung entgangenen Einkünfte durch das Elterngeld ausgeglichen werden. Der BFH konnte sich weiter auf die Rechtsprechung des BSG stützen. Das BSG maß dem Basisbetrag ebenfalls den Zweck einer Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 10 EG 1/08 R).
3. Von Verfassungs wegen war der Gesetzgeber nicht am Systemwechsel vom Bundeserziehungsgeldgesetz zum BEEG gehindert. Und gegenüber der Auffassung, reine Sozialleistungen dürften von Verfassungs wegen nicht dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden, bemerkt der BFH: Eine Steuerbelastung ergebe sich nur dann, wenn Sozialleistungen zu weiteren einkommensteuerpflichtigen Einkünften hinzukämen und so die Leistungsfähigkeit steigerten.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 21.09.2009 – VI B 31/09