Leitsatz
Im entschiedenen Fall erzielte der Unternehmer aus seinem Schrotthandel Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit seinen Lieferanten rechnete er im Gutschriftenverfahren ab. Der Betriebsprüfer stellte fest, dass die in der Buchführung verzeichneten Lieferanten z. T. nicht unter den angegebenen Adressen zu ermitteln waren. Da der Steuerzahler der Aufforderung, die Zahlungsempfänger zu benennen, nur teilweise nachkam, schloss das Finanzamt für das Streitjahr unter Berufung auf § 160 Abs. 1 Satz 1 AO neun Gutschriften in Höhe von insgesammt 39 000 DM vom Betriebsausgabenabzug aus. Dabei handelte es sich um Beträge von jeweils mehr als 1 600 DM.
→ Betriebsausgaben sind nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerzahler dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt , die Empfänger zu benennen (§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Finanzbehörde kommt dabei ein Ermessen zu, von dem sie in dopplter Weise Gebrauch macht. Zunächst entscheidet das Finanzamt, ob sie ein Benennungsverlangen an den Steuerzahler richten soll, danach ob und inwieweit sie Ausgaben, bei denen der Empfänger nicht benannt ist, zum Abzug zuläßt. Zweck der Vorschrift des § 160 AO ist, mögliche Steuerausfälle zu verhindern, die dadurch eintreten, dass der Empfänger geltend gemachter Betriebsausgaben die Einnahmen bei sich nicht erfasst. Der Steuerzahler wird daher gleichsam als Haftender in Anspruch genommen. Die Vorschrift betrifft jedoch den Betriebsausgabenabzug und damit die Besteuerung des Steuerzahlers, nicht dagegen seine Inanspruchnahme in Form einer Entschädigungs- oder Ersatzleistung. Es kommt nicht auf das Verschulden des Steuerzahlers an, sondern ob er einen Steuerausfall beabsichtigt.
Ein Benennungsverlangen ist rechtmäßig, wenn aufgrund der Lebenserfahrung die Vermutung naheliegt , dass der Empfänger einer Zahlung den Betrag zu Unrecht nicht versteuert hat. Das ist der Fall, wenn feststeht, dass die Angaben über den Empfänger einer Zahlung (Name und Anschrift) in der Buchführung unzutreffend oder nicht vollständig sind. Die Finanzbehörde hat ein berechtigtes Interesse an der Bekanntgabe des zutreffenden Namens und der richtigen Adresse, um den Empfänger zu ermitteln und die Beträge bei ihm zu erfassen. Allerdings ist der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit zu beachten. Es darf nicht nicht unverhältnismäßig sein und die für den Steuerzahler zu befürchtenden Nachteile, z. B. wirtschaftliche Existenzgefährdung, dürfen nicht außer Verhältnis zum beabsichtigen Aufklärungserfolg, z. B. geringfügige Steuernachzahlung bei den Empfängern, stehen. Da es um den Abzug einzelner Betriebsausgaben geht, kann die Frage der Verhältnismäßigkeit eines Benennungsverlangens nicht für alle Geschäftsvorfälle einheitlich beantwortet werden, vielmehr ist sie auf den jeweiligen einzelnen Geschäftsvorfall zu beurteilen. Dabei kann nur auf den Zeitpunkt der entsprechenden Zahlung abgestellt werden. Entscheidend ist, inwieweit für den Steuerzahler zu diesem Zeitpunkt zumutbar war, sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs der Identität seines jeweiligen Geschäftspartners zu vergewissern, um so in der Lage zu sein, ihn als Empfänger von Zahlungen zutreffend zu bezeichnen.
Für den Steuerzahler war es zumutbar, in den Anlieferungsfällen, in denen das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug versagt hat, sich über die Identität des Anliefers zu vergewissern. Es handelt sich dabei durchweg um Anlieferungen im Wert von jeweils über 1 600 DM (bis ca. 19 000 DM). Bei dieser Größenordnung waren im Fall der Nichtversteuerung nicht nur geringfügige Steuerausfälle zu befürchten. Selbst wenn es sich nicht um Einzel-, sondern um mehrere Teillieferungen gehandelt haben sollte, wären Identitätskontrollen spätestens in dem Zeitpunkt angezeigt und zumutbar gewesen, in dem bei Einbezug der vorgenannten Lieferungen die Größenordnung üblicher Geschäftsvorfälle deutlich überstiegen wurde. Bei einem Teil der betroffenen Gutschriften ist Umsatzsteuer ausgewiesen, was für die Unternehmereigenschaft der Empfänger spricht. Einzelne Empfänger sind als Personen- oder Kapitalgesellschaften angegeben, beziehen also gewerbliche Einkünfte.
Identitätsüberprüfungen sind nicht bereits deshalb unzumutbar, weil, wie z. B. im Schrotthandel, ungewöhnliche Marktbedingungen vorliegen. Nichts anderes gilt, wenn der Steuerzahler insgesamt eine Vielzahl von Geschäftsvorfällen zu erfassen hat. Nur in Ausnahmefällen kaum zu bewältigender tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten kann dem Steuerzahler eine Ermittlung nicht zugemutet werden. Dies trifft für die Bezeichnung einzeln bestimmbarer Zahlungsempfänger regelmäßig nicht zu. Die Identitätsüberprüfung war für den Steuerzahler nicht unzumutbar, weil sie zu Umsatzeinbußen und Nachteilen gegenüber anderen Wettbewerbern führt.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die geforderte Identitätskontrolle zu einer unverhältnismäßigen Mehrbelastung geführt hätte. Der Steuerzahler ist als gewerblicher Unternehmer ohnehin zur Aufzeichnung seines Wareneinga...