Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Liegt keine erste Tätigkeitsstätte vor und bestimmt der Arbeitgeber durch dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung, dass der Arbeitnehmer sich dauerhaft typischerweise arbeitstäglich an einem festgelegten Ort, der die Kriterien für eine erste Tätigkeitsstätte nicht erfüllt, einfinden soll, um von dort seine unterschiedlichen eigentlichen Einsatzorte aufzusuchen oder von dort seine berufliche Tätigkeit aufzunehmen (z. B. Treffpunkt für einen betrieblichen Sammeltransport, das Busdepot, der Fährhafen), werden die Fahrten des Arbeitnehmers von der Wohnung zu diesem vom Arbeitgeber festgelegten Ort wie Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandelt; für diese Fahrten dürfen Fahrtkosten nur im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG (Entfernungspauschale) angesetzt werden. Auch die Wege von einer vom Sammelpunkt weiter entfernten Wohnung sind abziehbar, wenn diese den Lebensmittelpunkt des Arbeitnehmers bildet. Das gilt selbst dann, wenn die Fahrten zum Sammelpunkt an einer dem Arbeitsplatz näher gelegenen (weiteren) Wohnung unterbrochen werden.
Ein Arbeitnehmer, der lediglich 2 bis 3 Tage pro Woche seine Fahrtätigkeit am Firmensitz seines Arbeitgebers beginnt und die übrige Zeit mehrtägige Fahrten unternimmt, sucht nicht typischerweise arbeitstäglich den Firmensitz seines Arbeitgebers zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit auf. Er kann somit die tatsächlichen Fahrtkosten oder pauschal 0,30 EUR je gefahrenen km als Werbungskosten abziehen bzw. vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt bekommen. "Typischerweise arbeitstäglich" erfordert nicht ausnahmslos, sondern "nur" grundsätzlich ein – bis auf Urlaubs-, Krankheits- oder Fortbildungstage – arbeitstägliches Aufsuchen desselben Ortes.
Treffen sich hingegen mehrere Arbeitnehmer typischerweise arbeitstäglich an einem bestimmten Ort, um von dort aus gemeinsam zu ihren Tätigkeitsstätten zu fahren (privat organisierte Fahrgemeinschaft), liegt kein "Sammelpunkt" nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG vor. Es fehlt insoweit an einer dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegung des Arbeitgebers.
Auf die Berücksichtigung von Verpflegungspauschalen oder Übernachtungskosten als Werbungskosten oder den steuerfreien Arbeitgeberersatz hierfür hat diese Festlegung keinen Einfluss, da der Arbeitnehmer weiterhin außerhalb einer ersten Tätigkeitsstätte und somit auswärts beruflich tätig wird. Es wird keine erste Tätigkeitsstätte fingiert, sondern nur die Anwendung der Entfernungspauschale für die Fahrtkosten von der Wohnung zu diesem Ort sowie die Besteuerung eines geldwerten Vorteils bei Dienstwagengestellung durch den Arbeitgeber nach § 8 Abs. 2 Satz 3 und 4 EStG festgelegt und der steuerfreie Arbeitgeberersatz für diese Fahrten nach § 3 Nr. 13 oder Nr. 16 EStG ausgeschlossen.