Leitsatz
Die entgeltliche Unterlassung von Wettbewerb für fünf Jahre durch einen Steuerpflichtigen ist eine nachhaltige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG 1991 (Abgrenzung gegenüber BFH-Urteil vom 30.7.1986, V R 41/76, BStBl II 1986, 874).
Normenkette
§ 2 Abs. 1 UStG 1991
Sachverhalt
Der Kläger verkaufte seine Beteiligungen an Unternehmen, die sich mit Errichtung und Betrieb von Kliniken befassten, und verpflichtete sich ab Vertragsschluss, für fünf Jahre keine Konkurrenzunternehmen zu gründen, zu betreiben oder zu beraten. Hierfür erhielt er ein Entgelt.
Er sah hierin – anders als das FA – eine nicht steuerbare Leistung. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH entschied, die Nachhaltigkeit des Unterlassens des Wettbewerbs könne nicht mit der Begründung verneint werden. Dass es sich nur um einen einmaligen Verzicht gehandelt hat und der Kläger nicht beabsichtigte, sich in weiteren Fällen gegen Vergütung einem Wettbewerbsverbot zu unterwerfen, ist nicht entscheidend. Entscheidend war nur, dass der Kläger auf die Dauer von fünf Jahren zum Unterlassen eines Wettbewerbs verpflichtet war und diese Leistung von wirtschaftlichem Gewicht war.
Hinweis
Sonstige Leistungen können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen (§ 3 Abs. 9 UStG). Dazu gehört gem. § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG auch "der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben".
In dem im Leitsatz zitierten Urteil, das noch die USt 1951 (Allphasenbruttoumsatzsteuer) betraf, hatte der BFH allerdings für ein Wettbewerbsverbot die Nachhaltigkeit (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG) verneint. Die 6. EG-RL und die Anpassung des UStG an diese bedingen eine neue Betrachtung. Richtlinienkonform (Art. 4 der 6. EG-RL) ist eine weite Auslegung des § 2, denn nach der Rechtsprechung des EuGH erkennt Art. 4 der 6. EG-RL der Mehrwertsteuer einen sehr weiten Anwendungsbereich zu, der sämtliche Stadien der Erzeugung, des Handels und der Erbringung von Dienstleistungen erfasst (z.B. EuGH, Urteil vom 6.2.1997, Rs. C-80/95, Harnas & Helm, Slg. 1997, I?745).
Ob eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, ist nach der Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls zu beurteilen. Dafür, dass der entgeltliche Verzicht auf eine unternehmerische Betätigung eine wirtschaftliche Tätigkeit ist, spricht schon der Umstand, dass ein derartiger Verzicht prinzipiell nur gegenüber anderen Unternehmern erbracht wird und regelmäßig ein wirtschaftliches Gewicht hat. Deshalb ist die entgeltliche Unterlassung von Wettbewerb durch einen Steuerpflichtigen eine nachhaltige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i.S.d. § 2 UStG.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.11.2003, V R 59/02