Leitsatz
Erlangt der Restitutionsberechtigte vom Verfügungsberechtigten nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG Mietentgelte, so muss er sie nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als Entschädigung versteuern.
Normenkette
§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG , § 2 Abs. 1 EStG , § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG , § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG
Sachverhalt
Die Klägerin erwirkte mit Erfolg die Rückübertragung des Eigentums an einem Grundstück in Leipzig nach §§ 3 ff. VermG. Außerdem kehrte die Wohnungsbaugesellschaft, die das Grundstück bis zur Übergabe verwaltete, als Verfügungsberechtigte an die Klägerin im Streitjahr nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG Nutzungsentgelte für den Zeitraum ab 1.7.1994 aus.
Den Betrag erfasste das FA im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr als steuerpflichtige, tarifbegünstigte Einkünfte gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 EStG. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Hiergegen richtet sich die Revision.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG zutreffend die an die Klägerin ausgezahlten Nutzungsentgelte als Entschädigungen für entgangene Einnahmen i.S.d. ?sect; 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfasst. Der Ausgleichsanspruch sei entgegen der Revision kein Äquivalent für Wertminderungen. Denn der Herausgabeanspruch setze weder derartige Wertminderungen voraus noch das Unterlassen notwendiger Reparaturen. Er umfasse weder den Wert der Eigennutzung noch sei er auf die Herausgabe nicht gezogener Nutzungen gerichtet. Er wolle vielmehr der Berechtigten die der Verfügungsberechtigten tatsächlich zustehenden Entgelte verschaffen, mit denen diese dann ggf. selbst Reparaturen und Renovierungsarbeiten vornehmen könne (BGH, Urteil in BGHZ 141, 232).
Hinweis
Gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehören zu den Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene Einnahmen gewährt werden. Die nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG an Berechtigte herauszugebende Mietzinsen erfüllen die Voraussetzungen einer solchen Entschädigung. Die Herausgabe dient ebenso wie die Rückübertragung nach § 3 VermG der Wiedergutmachung und hat Entschädigungscharakter (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2001, V ZR 493/99, WM 2002, 613). Allerdings ist bis zur Bestandskraft des Rückübertragungsbescheids allein die Verfügungsberechtigte Träger der Rechte und Pflichten, die sich aus der Rechtsstellung als Vermieterin ergeben. Die Berechtigte hat bis zur Rückgabe keinen Einfluss auf das Mietverhältnis, so dass insoweit kein Treuhandverhältnis anzunehmen ist (vgl. BFH, Urteil vom 27.1.1993, IX R 269/87, BStBl 1994 II, 615).
Die Entschädigung ist als Ersatz für entgangene Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu werten. Der erforderliche Zusammenhang des Herausgabeanspruchs nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ergibt sich unmittelbar aus den Wertungen des VermG. Danach soll die Regelung verhindern, dass die Verfügungsberechtigte die Mieterträge – statt damit notwendige Reparaturen vorzunehmen – für eigene Zwecke verwendet. Zugleich soll mit ihr ein Beitrag zur zügigen Rückübereignung der zu restituierenden Immobilie geleistet werden.
Überdies beseitigt sie eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung der Berechtigten untereinander. Berechtigte, deren Vermögenswerte zeitnah zum In-Kraft-Treten des VermG rückübertragen worden waren, kamen zu einem früheren Zeitpunkt in den Genuss der Erträge des betreffenden Vermögenswerts, während anderen Berechtigten, bei denen sich die Rückübertragungsentscheidung aus vielfach verwaltungstechnischen Gründen verzögerte, die sie im Regelfall nicht zu vertreten hatten, über Jahre hinweg die Nutzungen aus den restitutionsbelasteten Vermögenswerten vorenthalten blieben. Diesen wirtschaftlichen Nachteil auszugleichen ist der primäre Zweck des Herausgabeanspruchs und des damit verbundenen Eingriffs in die Rechtsposition der Verfügungsberechtigten (so BGH, Urteil vom 19.3.1998, III ZR 145/97, WM 1998, 1348, m.w.N.).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.1.2005, IX R 66/03