1. Sachverhalt
In dem der Entscheidung des FG Münster zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um die Brüder A und B, die jeweils 30 % des Stammkapitals einer GmbH hielten. Die restlichen 40 % wurden durch den Vater der beiden gehalten. Nach dem Tod des Vaters erbte A dessen Anteile. Wegen massiver zwischen den Brüdern bestehender Differenzen wollte B aus der GmbH ausscheiden. Er schloss daraufhin als vertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH mit sich im eigenen Namen am 15.1.2013 einen Kauf- und Abtretungsvertrag, durch den er seine Anteile mit Wirkung zum 1.11.2017 an die GmbH verkaufte. Am 29.5.2018 erfolgte die dingliche Abtretung an die GmbH. Das FA setzte daraufhin Schenkungsteuer fest, die auf Grundlage der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem vereinfachten Ertragswert der übertragenen Anteile gem. §§ 199 ff. BewG ermittelt wurde.
2. Gang des Verfahrens
Gegen diesen Schenkungsteuerbescheid legte A am 14.1.2021 Einspruch mit der Begründung ein, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung zwischen zerstrittenen Geschwistern kein Schenkungswille gegeben sei. Ein solcher subjektiver Bereicherungswille des Schenkers sei aber für eine Besteuerung nach § 7 Abs. 8 ErbStG erforderlich. Das FA half dem Einspruch nur teilweise ab und verwies zur Begründung darauf, dass es i.R.d. § 7 Abs. 8 ErbStG nicht auf einen Schenkungswillen des Zuwendenden ankäme. Weiterhin verwies das FA darauf, dass im konkreten Fall schon allein aufgrund der großen Wertdifferenz zwischen Kaufpreis und vereinfachtem Ertragswert der Anteile von einem Willen zur (Teil-)Unentgeltlichkeit auszugehen sei. A legte daraufhin am 14.10.2021 Klage beim FG Münster ein.
3. Das Urteil
Das FG stellte fest, der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil B als Zuwendender nicht in dem Bewusstsein handelte, die Übertragung seiner Anteile ohne Verpflichtung bzw. ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer entsprechenden Genehmigung zu erbringen. Ob der Tatbestand des § 7 Abs. 8 ErbStG ein subjektives Merkmal i.S. eines Bewusstseins bzgl. der Unentgeltlichkeit der Leistung umfasse, sei zwar umstritten. Der Senat schließe sich jedoch den Stimmen in Rspr. und Literatur an, die für die Erfüllung des Tatbestandes des § 7 Abs. 8 ErbStG ein subjektives Merkmal verlangten. Dies ergebe die Auslegung des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG. Danach erstrecke sich die Fiktionswirkung von § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ausschließlich auf die unmittelbare Leistung an den Bedachten, indem es auch die mittelbare Begünstigung als solche erfasse (FG Münster v. 23.5.2024 – 3 K 2585/21 Erb Rz. 70 ff., ErbStB 2024, 275 [Knittel] = GmbHR 2024, 1000).
a) Wortlaut der Norm
Dieses subjektive Element ergebe sich zunächst aus dem Wortlaut der Norm. Die Begriffe "Zuwendender" und "Bedachter" legten das Erfordernis einer bewusst unausgeglichenen Leistungsbeziehung zwischen den Beteiligten nahe. Sowohl im alltäglichen Sprachgebrauch als auch i.R.d. ErbStG würden diese Bezeichnungen für die Beteiligten bei freigebigen Zuwendungen verwendet. Die Verwendung des Begriffs auch für diesen Schenkungsteuertatbestand lasse sprachlich auf das Erfordernis eines bewusst hingenommenen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung schließen. Im Vergleich mit § 7 Abs. 7 ErbStG für den nach dem BFH ein Bewusstsein der Unentgeltlichkeit nicht erforderlich sei, werde abseits der initialen Einleitung der Absätze mit den Worten "Als Schenkung gilt" Bezug auf die Leistung und auch auf die Beteiligten genommen, so dass nicht von einer reinen Anordnung einer Rechtsfolge gesprochen werden könne (FG Münster v. 23.5.2024 – 3 K 2585/21 Erb Rz. 74, ErbStB 2024, 275 [Knittel] = GmbHR 2024, 1000).
b) Systematik der Norm
Dafür spreche weiterhin die Systematik der Regelung. Durch die Einleitung des Satz 2 mit den Worten "Freigebig sind auch" werde aus der Gesetzessystematik deutlich, dass der Gesetzgeber auch im Hinblick auf Satz 1 von einer Freigebigkeit ausging. Es wäre systematisch widersprüchlich, wenn der Zuwendende i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG als Steuerschuldner i.S.d. § 20 Abs. 1 ErbStG für eine Zuwendung herangezogen werden könne, die er nicht im subjektiven Bewusstsein der Unausgeglichenheit leistete. Da § 20 Abs. 1 ErbStG als Haftungsnorm ausgestaltet sei, könnte der Zuwendende ohne eigenes subjektives Element für die Schenkungsteuer in Anspruch genommen werden, was bei extensiver Auslegung des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG einer Gefährdungshaftung für jede Transaktion mit einer Kapitalgesellschaft gleichkäme. Entsprechendes gälte für die Anzeigepflicht aus § 30 Abs. 2 ErbStG. Einer solchen könne nur derjenige nachkommen, der zumindest ein Bewusstsein dafür besitze, dass Leistung und Gegenleistung unausgeglichen seien (FG Münster v. 23.5.2024 – 3 K 2585/21 Erb Rz. 75 f., ErbStB 2024, 275 [Knittel] = GmbHR 2024, 1000).
c) Zweck der Norm
Dafür sprächen ferner der Zweck der Norm, der darin bestehe den sonst einheitlichen Zuwendungsbegriff zu durchbrechen. Zuwendungen i.S.d. ErbStG seien grundsätzlich nur solche Leistungen, die beim Leistungsempfänger den Bestand seines Vermögens und nicht etwa nur den Wert bereits vorhandener Vermögensposit...