BMF, Schreiben v. 4.4.2018, IV B 3 - S 2411/07/10016-14, BStBl I 2018, 589
Unionsrechtskonforme Anwendung
Bezug: EuGH-Urteil vom 20.12.2017, Deister Holding u. a., C-504/16 und C-613/16, EU:C:2017:1009
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom 20.12.2017 in den verbundenen Rechtssachen C-504/16 und C-613/16 (Deister Holding u. a.) entschieden, dass Art. 1 Abs. 2 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 90/435/EWG sowie Art. 49 AEUV einer nationalen Vorschrift wie § 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006 (BGBl 2006 I S. 2878) entgegenstehen.
Diese verbindliche Auslegung des Unionsrechts ist auf die gleich lautenden Bestimmungen der aktuell geltenden Art. 1 Abs. 4 und Art. 5 der Richtlinie 2011/96/EU sowie insoweit auf § 50d Abs. 3 EStG in der aktuell geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 7.12.2011 (BGBl 2011 I S. 2592) zu übertragen, als diese Fassung des § 50d Abs. 3 EStG mit der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 übereinstimmt.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gilt deshalb für die Anwendung von § 50d Abs. 3 EStG das Folgende:
§ 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006 (BGBl 2006 I S. 2878) ist in den Fällen, in denen der Gläubiger der Kapitalerträge einen Anspruch auf Entlastung nach § 43b EStG geltend macht, nicht mehr anzuwenden.
§ 50d Abs. 3 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 7.12.2011 (BGBl 2011 I S. 2592) ist in den Fällen, in denen der Gläubiger der Kapitalerträge einen Anspruch auf Entlastung nach § 43b EStG geltend macht, mit der Maßgabe anzuwenden, dass Satz 2 keine Anwendung findet. Gleichwohl fehlen wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe im Sinne des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls ergibt, dass mit der Einschaltung der ausländischen Gesellschaft im Wesentlichen nur ein steuerlicher Vorteil bezweckt wird.
Das BMF-Schreiben vom 24.1.2012 zur Entlastungsberechtigung ausländischer Gesellschaften (§ 50d Abs. 3 EStG) (IV B 3 – S 2411/07/100016, BStBl 2012 I S. 171) ist in den Fällen, in denen der Gläubiger der Kapitalerträge einen Anspruch auf Entlastung nach § 43b EStG geltend macht, mit der Maßgabe anzuwenden, dass
- eine Gesellschaft auch insoweit im Sinne des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, als sie ihre Bruttoerträge aus der Verwaltung von Wirtschaftsgütern erzielt; dies gilt im Fall einer passiven Beteiligungsverwaltung (Tz. 5.2) nur dann, wenn die Gesellschaft ihre Rechte als Gesellschafterin tatsächlich ausübt;
- für den Geschäftszweck der Verwaltung von Wirtschaftsgütern ein im Sinne des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG angemessen eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht zwingend voraussetzt, dass die Gesellschaft im Ansässigkeitsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit ständig sowohl geschäftsleitendes als auch anderes Personal beschäftigt (betrifft Tz. 7);
- die § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG betreffenden Ausführungen keine Anwendung finden (betrifft Tz. 6 und 8).
Die vorstehenden Regelungen sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Es ist vorübergehend auf der Internetseite des Bundesministeriums der Finanzen unter (www.bundesfinanzministerium.de) abrufbar.
Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung
Normenkette
EStG § 50d Abs. 3;
RL 2011/96/EU Art. 1 Abs. 4
RL 2011/96/EU Art. 5
Fundstellen
BStBl I, 2018, 589