Leitsatz

Ein Landwirt erhielt 1,49 Millionen Euro, damit er der Verlegung einer Erdgasleitung unter seinen landwirtschaftlichen Flächen zustimmt. Das Niedersächsische FG entschied, dass diese Zahlung direkt bei Zufluss versteuert werden muss - eine zeitlich gestreckte Versteuerung als Einnahme aus einer Nutzungsüberlassung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG lehnte das Gericht ab.

 

Sachverhalt

Die klagenden Eheleute führten landwirtschaftliche Betriebe auf einer Fläche von 19 Hektar; Teile dieser Flächen sollten in einem bundesländerübergreifenden Projekt zur Durchleitung von Erdgas genutzt werden. Nachdem die Ehefrau zunächst Klage gegen einen entsprechenden Planfeststellungsbeschluss erhoben hatte, schlossen die Vorhabenträger mit den Eheleuten im Jahr 2011 eine Gestattungs- und Bauerlaubnisvereinbarung über die Verlegung einer Erdgasleitung unter den Grundstücken der Eheleute. Der Vertrag sah keine feste Laufzeit vor, sondern galt "bis zur endgültigen Stilllegung und Entfernung der Leitung". Für die Wertminderung bzw. eingebüßten Entwicklungsmöglichkeiten der betroffenen Flächen zahlte der Vorhabenträger den Eheleuten einen Nachteilsausgleich von 1,49 Millionen Euro. Im Grundbuch wurde eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit eingetragen.

Das Finanzamt besteuerte die Zahlung in voller Höhe bei Zufluss im Wirtschaftsjahr 2011/2012. Die Eheleute wollten hingegen eine zeitlich gestreckte Versteuerung über 25 Jahre durchsetzen und beriefen sich auf § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG, wonach im Voraus gezahlte Einnahmen aus Nutzungsüberlassungen von mehr als 5 Jahren zeitlich gestreckt versteuert werden können.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass das Amt die Zahlung zu Recht bei Zufluss besteuert hatte. Eine zeitlich gestreckte Verteilung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG ist nicht möglich, da die Einnahme nicht für eine Nutzungsüberlassung geleistet worden war.

Der Begriff der Nutzungsüberlassung umfasst die Fruchtziehung und die Gebrauchsüberlassung. Eine Nutzung ist begrifflich von der Verwertung einer Sache oder eines Rechts abzugrenzen. Vorteile aus der Veräußerung oder anderweitigen Verwertung einer Sache bzw. eines Rechts stellen somit keine Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung dar. Gleiches gilt für Zahlungen, durch die eine Wertminderung ausgeglichen werden soll.

Dass vorliegend eine Wertminderung abgegolten werden sollte, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vereinbarung, wonach der Nachteilsausgleich eindeutig aufgrund der Wertminderung der Grundstücke zu zahlen war. Für die Annahme eines Wertminderungsausgleichs spricht zudem, dass bei der Berechnung der Entschädigungssumme die (nun nicht mehr erzielbaren) potentiellen Baulandpreise für die betroffenen Flächen zugrunde gelegt worden waren. Eine wirtschaftliche Betrachtung ergab für das FG zudem, dass die hohe Entschädigungssumme auch deshalb zustande gekommen war, um eine Klagerücknahme der Ehefrau zu erwirken. Ferner fehlte es an einem bestimmbaren Zeitraum (bei Annahme einer Nutzungsüberlassung), weil die endgültige Stilllegung bzw. Entfernung der Leitung ein völlig ungewisses Ereignis war.

 

Hinweis

Die Revision wurde zugelassen, ein Aktenzeichen des BFH ist nicht bekannt. Die Entscheidung hat erhebliche steuerliche Bedeutung für die Empfänger entsprechender Zahlungen, da eine Versteuerung bei Zufluss eine sofortige Versteuerung - in der Regel mit entsprechend hoher Steuerprogressionswirkung - zur Folge hat.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil v. 31.08.2023, 4 K 36/22

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge