9.1 Verwaltungsvermögensquote von 50 % gestrichen
Die bis zum 30.6.2016 geltende verfassungsrechtlich beanstandete Verwaltungsvermögensquote von 50 % bei der Regelverschonung (sog. Alles-oder-Nichts-Prinzip) wird ersatzlos gestrichen. Nach dieser Regelung gehörte Verwaltungsvermögen auch dann zum begünstigten Vermögen, wenn es weniger als 50 % des Vermögens ausmachte.
9.2 Der Verwaltungsvermögenskatalog
In § 13b Abs. 4 ErbStG wird im Einzelnen aufgeführt, was zum Verwaltungsvermögen gehört (Verwaltungsvermögenskatalog). Damit erfolgt die Abgrenzung des begünstigten vom nicht begünstigten Vermögen wie im bisherigen Recht.
Die Prüfung ob Verwaltungsvermögen gegeben ist, muss für jede wirtschaftliche Einheit gesondert geprüft werden.
Folgende Grundsätze sind hierbei zu beachten:
Für die Entscheidung, ob Verwaltungsvermögen vorliegt, sind die Verhältnisse im Besteuerungszeitpunkt maßgebend.
Umwandlungsvorgänge
Durch Umwandlungsvorgänge kann sich die Verwaltungsvermögenseigenschaft eines Wirtschaftsguts ändern.
- Es sind dabei nur die Verhältnisse entweder des Erblassers oder des Schenkers maßgebend.
- Kommt es nach dem Besteuerungszeitpunkt zu Veränderungen in der Zuordnung zum Verwaltungsvermögen, dann ist das ohne Auswirkung (vorbehaltlich der Investitionsklausel).
- Kein Verwaltungsvermögen ist das Vermögen einer im Besteuerungszeitpunkt zum Gewerbebetrieb gehörenden, in einem Drittstaat belegenen Betriebsstätte.
- Verwaltungsvermögen ist mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Dieser ergibt sich aus § 9 BewG.
Handelt es sich um eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, so muss Folgendes beachtet werden. Zu dieser gehört sowohl das Verwaltungsvermögen aus dem Gesamthandsvermögen als auch aus dem Sonderbetriebsvermögen.
9.2.1 Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG).
Hierbei orientiert sich die Formulierung: Grundstücke und Grundstücksteile an der Formulierung in § 266 Abs. 2 A.II.1 HGB und ist anhand zivilrechtlicher Vorgaben zu bestimmen. "Grundstück" ist danach eine unbewegliche Sache i. S. des § 90 BGB und ein räumlich abgegrenzter, im Grundbuch auf einem gesonderten Grundbuchblatt geführter Teil der Erdoberfläche.
Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude. "Grundstücksteile" sind als Teile von Grundstücken im vorgenannten Sinn zu verstehen. Dazu gehört auch ein Parkhaus sowie die darin gelegenen einzelnen Parkplätze; somit stellt ein im Rahmen eines Parkhausbetriebs Dritten zur Nutzung überlassene Parkplätze erbschaftsteuerrechtlich nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen dar.
Vermietetes Grundstück als schädliches Verwaltungsvermögen
Der Erblasser E vererbt seinen Betrieb an die Tochter T. Zum betrieblichen Vermögen gehören zwei Grundstücke. Das Grundstück G1 ist an einen Supermarkt vermietet. Das Grundstück G2 nutzt E ausschließlich für betriebliche Zwecke.
Lösung
Das Grundstück G2 rechnet nicht zum Verwaltungsvermögen. Dagegen gehört das vermietete Grundstück G1 zum schädlichen Verwaltungsvermögen.
Grundstücksteil
Gehört nur ein Grundstücksteil zum Verwaltungsvermögen, ist der gemeine Wert des Grundstücks regelmäßig nach der Wohn-/Nutzfläche aufzuteilen.
Werden neben der Überlassung von Grundstücksteilen weitere gewerbliche Leistungen einheitlich angeboten und in Anspruch genommen, führt die Überlassung der Grundstücksteile nicht zu Verwaltungsvermögen, wenn die Tätigkeit nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten insgesamt als originär gewerbliche Tätigkeit einzustufen ist.
Originär gewerbliche Tätigkeiten nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten
Hierunter fallen Beherbergungsbetriebe wie Hotels, Pensionen oder Campingplätze.
Folgende Rückausnahmen sind zu beachten:
Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist dagegen nicht anzunehmen, wenn der Erblasser oder der Schenker sowohl im überlassenden als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte. Hiermit sind die sogenannten Betriebsaufspaltungsfälle gemeint. Dabei setzt der Ausschluss der Zuordnung zum Verwaltungsvermögen voraus, dass die jeweilige Rechtsstellung auf den Erwerber übergeht.
Die Rückausnahme setzt hierbei voraus, dass eine Betriebsaufspaltung sowohl vor als auch nach der Anteilsübertragung besteht.
Nach Ansicht des FG Münster sind das Vorliegen eines einheitlichen Betätigungswillens und der Begriff des Betriebsvermögens nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu beurteilen. Die Revision wurde zugelassen, da die Frage der Auslegung des Tatbestandsmerkmals des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG grundsätzliche Bedeutung hat. Inzwischen ist dies erledigt durch BFH, Urteil vom 16.03.2021. Vorausgesetzt wird in diesen Fällen die sachliche Verflechtung, da andernfalls kein begünstigte...