1.2.1 Allgemeines
Das Berliner Testament ist eine besondere Form des gemeinschaftlichen Testaments.
Häufig setzen sich die Ehegatten durch gemeinschaftliches Testament gegenseitig zu Erben ein und bestimmen, dass nach dem Tode des überlebenden Ehegatten der beiderseitige Nachlass an einen Dritten (Schlusserben) fallen soll (§ 2269 BGB). In der Regel dürfte von den Ehegatten gewollt sein, dass der Nachlass an die gemeinsamen Kinder als Schlusserben fällt. Diese Regelung kann aber auch durch den Erbvertrag erreicht werden.
Zivilrechtlicher Nachteil
Als zivilrechtlicher Nachteil eines Berliner Testaments muss beachtet werden, dass es hierdurch zu einer Verdoppelung der Pflichtteilsrechte kommt.
Zu unterscheiden sind hier das Einheitsprinzip und das Trennungsprinzip. Hierbei hat die Unterscheidung eine erhebliche praktische Konsequenz.
a) Einheitsprinzip
Ist von den Ehegatten das Einheitsprinzip gewollt, dann setzen sich die Ehegatten gegenseitig zum alleinigen Vollerben ein und die Abkömmlinge zum Schlusserben. Damit erben die Abkömmlinge beim Tod eines Ehegatten zunächst nichts. Versterben sie vor dem letztversterbenden Ehegatten, erben sie nichts.
Sie haben aber, da sie im Verhältnis zum Erstversterbenden enterbt worden sind, einen Pflichtteilsanspruch in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 1 BGB). Aus erbschaftsteuerlicher Sicht kann es sich anbieten, dass im Einvernehmen mit dem überlebenden Ehegatten die Pflichtteile geltend gemacht werden.
Das Vermögen des verstorbenen Ehegatten und das Vermögen des überlebenden Ehegatten vereinigen sich zu einem einheitlichen Vermögen. Das Gleiche gilt naturgemäß auch für eingetragene Lebenspartner.
Einheitsprinzip
Ehemann EM und Ehefrau EF errichten ein gemeinschaftliches Testament. In diesem legen sie fest, dass Vollerbe jeweils der überlebende Ehegatte sein soll. Mit dem Tod des überlebenden Ehegatten soll der beiderseitige Nachlass an die gemeinsame Tochter T fallen soll. EM verstirbt. Acht Monate nach dem Tod von EM verstirbt auch EF.
Mit dem Tod von EM wird die Ehefrau EF Alleinerbin und gleichzeitig auch Vollerbin. Als Vollerbin unterliegt EF keinen Beschränkungen und kann damit frei über den Nachlass von EM verfügen. Tochter T ist dagegen zunächst enterbt. Sie hat nur die Möglichkeit ihren Pflichtteil geltend zu machen, der ihr nach § 2303 BGB zusteht.
Mit dem Tod von EF wird nun die Tochter T Erbin (der EF). Ihr fällt damit der gesamte Nachlass an, der sich aus dem Vermögen des EM und dem Vermögen der EF zusammensetzt.
b) Trennungsprinzip
Beim Trennungsprinzip wird der überlebende Ehegatte nicht Vollerbe, sondern nur Vorerbe des erstversterbenden Ehegatten. Dagegen wird der Schlusserbe (in der Regel die gemeinsamen Abkömmlinge) Nacherbe des erstversterbenden Ehegatten.
Verstirbt zu einem späteren Zeitpunkt auch der überlebende Ehegatte, dann erhält der Schlusserbe zwei Vermögen. Zum einen den Nachlass des erstverstorbenen Ehegatten als Nacherben und des Weiteren den Nachlass des letztverstorbenen Ehegatten, von diesem aber als Vollerbe.
Da der Schlusserbe hier nicht enterbt ist, kann er seinen Pflichtteilsanspruch nur dann geltend machen, wenn er die Nacherbschaft ausschlägt (§ 2306 Abs. 2 BGB).
Ausschlagungsfrist
Die Ausschlagungsfrist tritt hierbei nicht vor dem Eintritt des Nacherbfalls ein (§ 1944 Abs. 2 BGB i. V. m. § 2139 BGB).
Im Gegensatz zum Einheitsprinzip kommt es beim überlebenden Ehegatten nicht zur Vereinigung des eigenen Vermögens mit dem des erstversterbenden Ehegatten. Vielmehr bleiben beide Vermögensmassen getrennt.
Der Nachteil besteht hier darin, dass der überlebende Ehegatte nicht frei über den Nachlass verfügen kann. Auch diese Ausführungen gelten für den eingetragenen Lebenspartner.
Trennungsprinzip
Ehemann EM und Ehefrau EF errichten ein gemeinschaftliches Testament. Darin legen sie fest, dass befreiter Vorerbe jeweils der überlebende Ehegatte sein soll. Mit dem Tod des überlebenden Ehegatten soll dann der beiderseitige Nachlass an die gemeinsame Tochter T als Nacherbin fallen. EM verstirbt. Zwei Jahre nach dem Tod von EM verstirbt auch die EF.
Hier ist die Ehefrau nur Vorerbin. Sie kann nur soweit über den Nachlass des EM verfügen wie die Befreiung reicht. Mit dem Tod von EF erhält die Tochter T den Nachlass von EM (als dessen Erbe bzw. Nacherbe) und gleichzeitig fällt der T das Vermögen der EF zu.
Im Zweifel, ob die Trennungslösung oder die Einheitslösung von den Ehegatten gewollt ist, geht das Gesetz in § 2269 BGB von der Vollerbeneinsetzung bzw. Einheitsprinzip aus.
Sollte sich ein Ehegatte dagegen auf das Trennungsprinzip berufen, so ist er in Beweislast.
Weitere Möglichkeit ist die Nießbrauchslösung. Hier werden die Abkömmlinge mit dem Tod des erstversterbenden Ehegatten als Vollerben eingesetzt und der überlebende Ehegatte erhält den Nießbrauch am Nachlass. Unter Umständen werden die Abkömmlinge gemeinsam mit dem überlebenden Ehegatten Erbe (und bilden dann mit diesem eine Erbengemeinschaft).