1.7.1 Allgemeines
Das Erbschaftsteuergesetz sieht für den Erwerb von sogenanntem begünstigtem Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG verschiedene Verschonungsmaßnahmen vor. Es gibt dabei aber bestimmte Voraussetzungen einzuhalten, darüber gibt es in diesem Zusammenhang auch zahlreiche Besonderheiten zu beachten. Im Folgenden soll hier ein kurzer Überblick gegeben werden. Zur Auffassung der Finanzverwaltung können die Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 und die Erbschaftsteuerhinweise 2019 herangezogen werden. Insbesondere sind dies
a) R E 13a.1-22 ErbStR 2019 und H 13a.1 – 22 ErbStH 2019 (Steuerbefreiung für Unternehmensvermögen)
b) R E 13b.1-30 ErbStR 2019 und H 13b.1 – 30 ErbStH 2019 (begünstigungsfähiges und begünstigtes Vermögen)
c) R E 13c ErbStR 2019 und H 13c ErbStH 2019 (Abschmelzmodell)
d) R E 19a ErbStR 2019 und H 19a ErbStH (Entlastungsbetrag bei Steuerklasse II und III)
e) R E 28 Abs. 1 ErbStR 2019 und H 28 (4) ErbStH 2019 (Stundung)
f) R E 28a ErbStR 2019 und H 28a ErbStH 2019 (Verschonungsbedarfsprüfung)
Hierbei ist zu beachten, dass die folgenden Richtlinien nicht mehr anzuwenden sind:
- R E 13a.1 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019,
- R E 13a.6 ErbStR 2019 und H E 13a.7 Abs. 1 ErbStH 2019,
- R E 13a.9 Abs. 1 Satz 4 ErbStR 2019,
- an R E 13a.19 Abs. 3 ErbStR 2019 wird nicht mehr festgehalten
- Beispiel 1 – Nachversteuerung – in H 13a.19 ErbStH 2019 ist überholt,
- R E 13a.21 Abs. 1 ErbStR 2019,
- R E 13a.21 Abs. 4 ErbStR 2019,
- H E 13a.21 ErbStH 2019 – Mehrere wirtschaftliche Einheiten bei der Optionsverschonung,
- R E 13b.8 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStR 2019,
- und überholt: H E 13b.8 ErbStH 2019 – Darstellung beim Erwerb mehrerer Arten begünstigten Vermögens.
1.7.2 Verschonungsmaßnahmen
Für Erwerbe von Todes wegen gewährt das Erbschaftsteuergesetz ab dem 1.7.2016 die folgenden Verschonungsmaßnahmen:
Regelverschonung: Verschonungsabschlag von 85 % (§ 13a Abs. 1 ErbStG)
Es werden somit 15 % des begünstigten Vermögens bei der Regelverschonung besteuert. Hier gilt es, die Prüfschwelle von 26.000.000 EUR zu beachten.
- gleitender Abzugsbetrag von 150.000 EUR (§ 13a Abs. 2 ErbStG)
- für Familiengesellschaften: Vorababschlag (§ 13a Abs. 9 ErbStG)
- Optionsverschonung: Verschonungsabschlag von 100 % (§ 13a Abs. 1 ErbStG). Das begünstigungsfähige Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG darf dabei nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 3 ErbStG und § 13b Abs. 4 ErbStG bestehen.
- Entlastungsbetrag für natürliche Personen der Steuerklasse II und III (§ 19a ErbStG)
- Abschmelzmodell bei Großerwerben (§ 13c ErbStG). Dies gilt beim Überschreiten der Prüfschwelle von 26.000.000 EUR.
- Stundung für einen Zeitraum bis zu sieben Jahre (§ 28 Abs. 1 ErbStG). Diese kann zusätzlich zu den anderen Begünstigungen in Anspruch genommen werden.
- Verschonungsbedarfsprüfung bzw. Erlass (§ 28a ErbStG). Dies gilt bei Überschreiten der Prüfschwelle von 26.000.000 EUR.
Begünstigte Erwerbe von Todes wegen sind insbesondere:
- der Erwerb durch Erbanfall (nach gesetzlicher Erbfolge wie auch nach gewillkürter Erbfolge)
- das Vermächtnis
- Schenkung auf den Todesfall
- der Erwerb durch Übergang des Anteils an einer Personengesellschaft auf die überlebenden Mitgesellschafter
- der Erwerb begünstigter Anteile an einer Kapitalgesellschaft aufgrund gesellschaftsvertraglicher Übertragungsverpflichtung
- der Erwerb durch Vertrag zugunsten Dritter
- der Übergang von Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung
- Besonderheiten im Zusammenhang mit einer Personengesellschaft ergeben sich aus R E 13b.1 Abs. 2 ErbStR 2019; so z. B. zur qualifizierten Nachfolgeklausel (s. auch H E 13b.1 ErbStH m. w. N.) und zur Eintrittsklausel. Auf die Änderung durch das ab dem 1.1.2024 geltende Personengesellschaftsrecht sei hier hingewiesen.
1.7.3 Voraussetzungen
a) Bestimmtes begünstigungsfähiges Vermögen
Das begünstigungsfähige Vermögen ist in § 13b Abs. 1 ErbStG im Einzelnen aufgeführt.
b) Behaltensregelungen
Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Verschonungsmaßnahmen ist die Einhaltung von Behaltensregelungen. Diese sind in § 13a Abs. 6 ErbStG enthalten. Wird gegen diese verstoßen, kommt es zur Nachversteuerung.
Ausnahme ist aber, wenn das begünstigte Vermögen innerhalb der noch laufenden Frist von fünf Jahren im Wege der Schenkung weiter übertragen wird.
Folgen eines Verstoßes
Verstößt der nachfolgende Erwerber gegen die Behaltensregelungen, so ist dies nachteilig für den vorangegangenen Erwerber. Denn dieser verliert nun auch die in Anspruch genommene Verschonung. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Fristen abgelaufen sind.
Verstirbt der Erwerber, hat dies ebenfalls keine...