1.1 Begünstigte Erwerbe eines Familienheims
Für den begünstigten Erwerb eines Familienheims sieht das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz 3 verschiedene Möglichkeiten vor.
1. Die lebzeitige Übertragung eines Familienheims
Die lebzeitige Übertragung ist aber nur begünstigt, wenn es sich beim Erwerber um den überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner handelt. Gesetzlich geregelt ist die Steuerbefreiung in § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.
Vorteilhaftigkeit der lebzeitigen Zuwendung
Die lebzeitige Zuwendung eines Familienheims ist vorteilhafter gegenüber dem Erwerb von Todes wegen. Denn sie hat den Vorteil, dass keine Behaltenspflicht besteht. Veräußert der erwerbende Ehegatte das Familienheim, so hat dies keine Auswirkungen auf die gewährte Steuerbefreiung.
Auch bleibt der persönliche Freibetrag für spätere Übertragungen erhalten.
Zu weiteren Einzelheiten soll hier auf den Beitrag Erbschaftsteuer: Unbenannte Zuwendungen verwiesen werden. Die Verwaltungsanweisungen hierzu finden sich in R E 13.3 ErbStR 2019. Diese führen auch die verschiedenen Anwendungsfälle auf.
2. Die Übertragung eines Familienheims von Todes wegen unter Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern
Erhält der überlebende Ehegatte oder überlebende eingetragene Lebenspartner ein Familienheim, bleibt dieser Erwerb steuerfrei. Dies gilt unabhängig davon, welchen Wert das Familienheim hat. Begünstigt ist der Erwerb von Todes wegen. Gesetzlich geregelt ist die Steuerbefreiung in § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG. Die Verwaltungsanweisungen hierzu finden sich in R E 13.4 ErbStR 2019.
Steuerbefreiung für das Familienheim beim Ehegatten
Ehemann EM und Ehefrau EF lebten bis zum Tod des EM in dessen Einfamilienhaus. Im Testament hat EM vorgesehen, dass die Ehefrau EF Alleinerbin des EM werden soll. Nach dem Tod des EM im Oktober 2019 bleibt EF weiterhin im Einfamilienhaus wohnen. Der Wert des Einfamilienhauses beträgt 650.000 EUR.
Lösung
Da alle Voraussetzungen (Selbstnutzung durch den Erblasser und Nutzung zu eigenen Wohnzwecken durch die überlebende Ehegattin EF) vorliegen (R E 13.4 ErbStR 2019), kann EF die Steuerbefreiung für das Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG) in Anspruch nehmen.
3. Die Übertragung eines Familienheims von Todes wegen auf Kinder
Auch der Übergang eines Familienheims auf Kinder und Kinder verstorbener Kinder ist steuerbefreit. Geregelt ist die Steuerbefreiung in § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG. Die Verwaltungsanweisungen hierzu finden sich in R E 13.4 ErbStR 2019.
Urenkel
Urenkel können die Befreiungsvorschrift jedoch nicht beanspruchen. Das Gleiche gilt auch für Geschwister.
Familienheim
Wird Kindern ein Familienheim lebzeitig zugewendet, dann gilt die Steuerbefreiung nicht.
Steuerbefreiung für das Familienheim beim erwerbenden Kindsvater
Vater V lebte bis zu seinem Tod in dessen Einfamilienhaus. Im Testament hat V vorgesehen, dass das Kind K1 sein Alleinerbe werden soll. Nach dem Tod des V im Oktober 2019 zieht K1 unverzüglich in das Einfamilienhaus ein. Der Wert des Einfamilienhauses beträgt 450.000 EUR. Die Wohnfläche beträgt 150 qm.
Lösung
Da alle Voraussetzungen (Selbstnutzung durch den Erblasser; R E 13.3 ErbStR 2019 und Nutzung zu eigenen Wohnzwecken durch das Kind; R E 13.4 ErbStR 2019) vorliegen, kann K1 die Steuerbefreiung für das Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) in Anspruch nehmen.
Freibetrag
Durch die Steuerbefreiung bleibt der persönliche Freibetrag für anderes Vermögen, welches von Todes wegen auf den Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner bzw. das Kind übergeht, erhalten.
1.2 Voraussetzungen für ein Familienheim von Todes wegen
Für die Gewährung der Steuerbefreiung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Erblasser muss bis zu seinem Tod in einem bebauten Grundstück eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben.
- Der überlebende eingetragene Lebenspartner bzw. überlebende Ehegatte muss in der erworbenen Wohnung unverzüglich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aufnehmen. Das Gleiche gilt, wenn das Kind Erwerber des Familienheims ist.
Darüber hinaus steht die Steuerbefreiung unter einem 10-jährigen Nachversteuerungsvorbehalt. Dies gilt sowohl im Fall des § 13a Abs. 1 Nr. 4b ErbStG (Erwerber ist der Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner) als auch im Fall des § 13a Abs. 1 Nr. 4c ErbStG (Erwerber ist das Kind). Zu beachten sind hier auch die gleichlautenden Ländererlasse vom 9.2.2022
Weitere Ausführungen dazu s. Tz. 2.4.
- Kinder als Erwerber haben noch eine Wohnflächenbegrenzung zu beachten.
Einzelheiten zu den Voraussetzungen sind bei den jeweiligen Zeilen des Formulars (Punkt 2) erläutert.
1.3 Ergänzende Hinweise beim Erwerb eines Familienheims
Der Erwerb eines begünstigten Familienheims wird nicht mit Vorerwerben vom Erblasser zusammengerechnet. Es kommt hier also zu keiner Zusammenrechnung nach den Grundsätzen des § 14 ErbStG.
Als begünstigter Erwerb kommt nicht nur der Erbfall in Betracht, sondern alle Erwerbe von Todes wegen (z. B. im Wege des Vermächtnisses oder der Auflage).