Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Zu den (fiktiven) Herstellungskosten eines Gebäudes gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG auch anschaffungshahe Aufwendungen für ein Gebäude. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG liegen anschaffungsnahe Aufwendungen (= Herstellungskosten des Gebäudes) vor, wenn die Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) innerhalb der ersten 3 Jahre nach Anschaffung 15 % der Gebäudeanschaffungskosten übersteigen. Unerheblich ist hierbei, ob die Arbeiten teilweise im Zuge eines Mieterwechsels vorgenommen worden sind.
Bei der Prüfung der 15 %-Grenze werden nur Aufwendungen für Erweiterungen i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten von den zu berücksichtigenden Herstellungskosten ausgeschlossen.
Der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ist gesetzlich nicht definiert und bedarf daher der Auslegung. Der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt. Hierunter sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu den Aufwendungen i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören daher insbesondere Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung, die – ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG – vom Grundsatz her als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären.
Hierzu gehören grundsätzlich auch sog. Schönheitsreparaturen wie das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper, der Innen- und Außentüren sowie der Fenster, wenn sie innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden und die hierfür angefallenen Aufwendungen – ggf. zusammen mit weiteren Aufwendungen für bauliche Maßnahmen – ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten übersteigen. Denn auch Schönheitsreparaturen in diesem Sinne sind bauliche Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes beseitigt werden.
Zur Anwendung dieser BFH-Rechtsprechung hat das BMF Übergangsregelungen getroffen.
Die Zurechnung von anschaffungsnahen Aufwendungen zu den Herstellungskosten bedeutet allerdings nicht, dass es in diesen Jahren überhaupt keinen sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geben könnte. Aufwendungen, die mit den Umbau-, Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nicht im Zusammenhang stehen, können als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Hierunter fallen insbesondere Erhaltungsaufwendungen, die jährlich üblicherweise anfallen und daher nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich nicht zu den Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gehören. Zu den jährlich üblicherweise anfallenden Erhaltungsaufwendungen in diesem Sinne gehören insbesondere Aufwendungen für regelmäßige Wartungsarbeiten wie laufende Heizungs- oder Aufzugswartungen, Beseitigung von Rohrverstopfungen und -verkalkungen oder Ablesekosten.
Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich (mit-)veranlasst sind, unterfallen nicht § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Eine Abfindung, die der Steuerpflichtige für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrags und die Räumung der Wohnung an seinen Mieter zahlt, um das Gebäude umfangreich renovieren zu können, gehört daher nicht zu den Aufwendungen i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG.
Auch unvermutete Aufwendungen für Renovierungsmaßnahmen, die lediglich dazu dienen, Schäden zu beseitigen, welche aufgrund des langjährigen vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache durch den (verstorbenen) Nutzungsberechtigten entstanden sind, führen unter den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu anschaffungsnahen Herstellungskosten.
Kosten für (unvermutete) Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung von nach der Anschaffung durch das schuldhafte Handeln eines Dritten mutwillig herbeigeführten Substanzschäden sind allerdings keine "anschaffungsnahen Herstellungskosten".
Aufwendungen für energetische Maßnahmen wie Wärmedämmung, Erneuerung der Außenfassade und des Dachs sowie Austausch von Türen und Fenstern, die mangels einer Standardhebung in mindestens 3 der 4 funktionswesentlichen Bereichen (Elektro-, Heizungs- und Sanitärinstallation sowie Fenster) zu keiner wesentlichen Verbesserung i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen, aber im Jahr nach der Anschaffung des Gebäudes erfolgen und deren Kosten 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen, sind Modernisierungsmaßnahmen i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG und als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu beurteilen.
Nachträgliches Überschreiten der 15 %-Grenze
Wird nacht...