Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Voraussetzung für die Inanspruchnahme der erhöhten AfA ist das Vorliegen einer Bescheinigung der zuständigen Gemeinde, dass die in § 7h Abs. 1 EStG aufgeführten Tatbestandsmerkmale vorliegen. Die Bescheinigung ist materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung für die Begünstigung des § 7h EStG und Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 AO, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstreckt sich auf die in § 7h Abs. 1 EStG genannten Tatbestandsmerkmale, nämlich auf die Feststellung, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i. S. d. § 177 BauGB bzw. Maßnahmen i. S. d. § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsfördermitteln gewährt worden sind. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen muss objektbezogen bescheinigt werden. Im Falle von Wohneigentum ist die Bescheinigung für die jeweilige Eigentumswohnung auszustellen. Eine Bescheinigung, die sich lediglich auf das Gesamtgebäude bezieht, genügt nicht. Diese Bescheinigung unterliegt weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörden. Danach prüft allein die Gemeinde, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i. S. d. § 177 BauGB durchgeführt wurden und ob unter diese Begriffe im konkreten Einzelfall auch ein Neubau im bautechnischen Sinne zu subsumieren ist.
Hat die Bescheinigungsbehörde danach eine bindende Entscheidung über eine der in § 7h Abs. 1 EStG genannten Voraussetzungen getroffen, hat das Finanzamt diese im Besteuerungsverfahren ohne weitere Überprüfung der Rechtmäßigkeit zugrunde zu legen, es sei denn, sie wäre nach § 125 AO nichtig und deshalb unwirksam. Die Gemeinde und das Finanzamt haben bestimmte Prüfungskompetenzen bzw. Prüfungsverpflichtungen. Ab dem Veranlagungszeitraum 2021 haben offensichtlich rechtswidrige Bescheinigungen der zuständigen Gemeindebehörde keine Bindungswirkung mehr. Anders als bei § 7i EStG besteht keine Bindungswirkung in Bezug auf die Höhe der begünstigten Herstellungskosten. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung muss nach Ansicht des BFH diese Bescheinigung ohnehin keine Angaben zur Höhe der begünstigten Herstellungsaufwendungen enthalten.
Fehlt es an einer Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG, z. B. weil die Gemeindebehörde keine den formellen Anforderungen entsprechende Bescheinigung erstellt hat, geht die Prüfungsbefugnis nicht auf das Finanzamt über; dieses ist allenfalls zur vorläufigen Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO befugt.