Leitsatz
1. Ordnet das statistische Landesamt einen Betrieb entsprechend der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1993, nach dem Schwerpunkt seiner unternehmerischen Tätigkeit in einen bestimmten Wirtschaftszweig ein, hat das FA diese Einordnung zu übernehmen, soweit sie nicht zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führt. Ob die Einordnung durch das statistische Landesamt bereits im Zeitpunkt des Antrags auf Investitionszulage vorliegt oder erst später vorgenommen wird, ist unerheblich (Fortführung des Senatsurteils vom 6.8.1998, III R 28/97, BStBl II 2000, 144).
2. Ein Betrieb, der technische Großanlagen vertreibt, kann auch dann zum verarbeitenden Gewerbe i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 1993 gehören, wenn er die in eigenen Konstruktionsbüros bis zur Fertigungsreife entwickelten Anlagen von Subunternehmern herstellen lässt.
3. Der Einordnung als verarbeitendes Gewerbe steht nicht entgegen, dass das Unternehmen im Gründungsjahr noch keine Umsätze durch die zum verarbeitenden Gewerbe rechnende Tätigkeit erzielt, wenn es schon umfangreiche Investitionen zur Vorbereitung dieser Tätigkeit vornimmt.
4. Für längerfristig verpachtete Wirtschaftsgüter steht dem verpachtenden Betrieb eine erhöhte Investitionszulage nur zu, wenn auch der Pachtbetrieb die Voraussetzungen für die Gewährung der erhöhten Investitionszulage erfüllt.
Normenkette
§ 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 1993
Sachverhalt
Die Klägerin entwickelt, plant, errichtet und vertreibt "schlüsselfertige" großtechnische Anlagen zur Wärme- und Energieerzeugung, Wärmerückgewinnung und -verteilung und betreut deren Finanzierung. Um die Leistungsfähigkeit ihrer Produkte nachzuweisen, entwickelte sie im Streitjahr 1993 ein eigenes Wärmeanlagensystem als Pilotanlage, das aus fünf, an verschiedenen Standorten errichteten Projekten, bestand. Sie ließ die Anlagen ausschließlich durch Drittfirmen im Weg von Subunternehmerverträgen erstellen und verpachtete sie anschließend an die Betreiber.
Das Thüringer Landesamt für Statistik erteilte der Klägerin auf deren Anfrage hin 1997 die Auskunft, das Unternehmen sei dem Wirtschaftszweig 28.30.0 – Herstellung von Dampfkesseln – zuzuordnen.
Für das Streitjahr 1993 stellte die Klägerin für die Aufwendungen zur Errichtung der Pilotanlagen einen Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage, wobei sie neben der Grundzulage in Höhe von 8 % die erhöhte Investitionszulage von 20 % beantragte. Das FA gewährte lediglich die Grundzulage, weil die Klägerin nicht zum produzierenden Gewerbe gehöre. Die Klage blieb erfolglos. Die Revision führte zur Zurückverweisung.
Entscheidung
Ob ein Betrieb dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen sei, erfolge anhand der Einordnung der Statistischen Landesämter, es sei denn, diese sei offensichtlich falsch. Würden mehrere Tätigkeiten ausgeübt, richte sich die Einordnung nach dem Schwerpunkt. Dieser sei anhand der auf die einzelnen Tätigkeiten entfallenden Wertschöpfungsanteile zu bestimmen. Grundsätzlich sei nicht erforderlich, dass der Gewerbetreibende selbst etwas verarbeite oder herstelle. Ausreichend sei die Einschaltung von Subunternehmern.
Die Wertschöpfungsanteile könnten nicht nur anhand von den anteiligen Umsätzen ermittelt werden. Würden z.B. erhebliche Investitionen getätigt, hieraus aber erst in den Folgejahren Umsätze erzielt, seien auch Bestandsänderungen heranzuziehen. Da im Streitjahr die Bestandsänderungen im verarbeitenden Bereich bei weitem die Umsätze aus der Vermietung überstiegen, sei der Einordnung des Statistischen Landesamtes zu folgen, die den Betrieb dem verarbeitenden Gewerbe zugeordnet habe.
Hinweis
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 InvZulG 1993 können Handwerksbetriebe und Betriebe des verarbeitenden Gewerbes eine erhöhte Investitionszulage von 20 % beanspruchen. Werden mehrere Tätigkeiten ausgeübt, ist der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit maßgebend. Der BFH hat in diesem Urteil entschieden, dass der Zuordnung zum verarbeitenden Gewerbe nicht entgegensteht, wenn sich der Betrieb zur Herstellung von technischen Großanlagen nicht eigener Arbeitnehmer, sondern Subunternehmer bedient.
Für die Entscheidung, wo der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit liegt, ist grundsätzlich maßgeblich die Systematik bzw. Klassifikation der Wirtschaftszweige der Statistischen Landesämter. Ordnen diese die Haupttätigkeit dem verarbeitenden Gewerbe zu, ist dies für die Finanzämter grundsätzlich verbindlich, es sei denn, die Einordnung sei offensichtlich falsch. Dies ist nicht bereits deshalb der Fall, weil entgegen der Zuordnung im Streitjahr noch keine Umsätze aus der verarbeitenden gewerblichen Tätigkeit erzielt werden.
Insbesondere in der Gründungsphase eines Unternehmens fallen zunächst erhebliche Investitionen an, ohne dass schon Umsätze erzielt werden. In diesen Fällen kann es zur Bestimmung des Unternehmensschwerpunkts angezeigt sein, in die Vergleichsberechnung nicht nur die jeweils erzielten Umsätze, sondern auch Bestandsveränderungen im Bereich der fertigen und unfertigen Erzeugnis...