Leitsatz

Eine verzögerte Bearbeitung einer Steuererklärung allein rechtfertigt nicht den Erlass von Zinsen.

 

Sachverhalt

Strittig war, ob die Kläger Anspruch auf Erlass von Zinsen haben. Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen 2002 und 2003 wurden gegen die Kläger Nachzahlungszinsen i. H. v. 6.000 EUR bzw. 21.000 EUR festgesetzt. Zudem wurden die Einkommensteuerzahlungen der beiden Jahre zunächst ausgesetzt, da zwischen den Finanzverwaltungen von Deutschland und Großbritannien ein Verständigungsverfahren nach DBA durchgeführt wurde. Nach dem Abschluss dieses Verfahrens wurden die Steuer in Deutschland zur Zahlung fällig und außerdem Aussetzungszinsen i. H. v. 122.000 EUR festgesetzt. Die Kläger beantragen den Erlass der Zinsen. Der Erlassantrag wurde abgelehnt, sodass die Kläger zunächst Einspruch und anschließend Klage erhoben. Sie argumentierten, die Zinsen seien im Wesentlichen bereits durch das Veranlagungsverfahren verzögert worden, aber auch die verzögerte Bearbeitung des Verständigungsverfahrens habe zur langen Bearbeitungsdauer beigetragen. Dies führe zu einer sachlichen Unbilligkeit, die im Erlasswege zu korrigieren sei.

 

Entscheidung

Die Klage auf Erlass der Zinsen hatte keinen Erfolg. Die Kläger hätten, so das FG, weder einen Anspruch auf Erlass der Nachzahlungszinsen noch der Aussetzungszinsen, da sachliche Billigkeitsgründe nicht ersichtlich seien. Insbesondere reiche die lange Bearbeitungsdauer nicht aus, um solche sachlichen Billigkeitsgründe zu begründen. Zinsen seien nämlich kein Sanktionsmittel, sondern eine laufzeitabhängige Gegenleistung für die mögliche Kapitalnutzung. Dies sei eine langjährige Rechtsprechung des BFH. Hinsichtlich der Länge der Bearbeitungsdauer komme es auf ein Verschulden deshalb nicht an. Dies gelte für die Nachzahlungszinsen und die Aussetzungszinsen. Hinsichtlich der Aussetzungszinsen sei zudem die Sonderregelung des § 234 Abs. 2 AO zu prüfen, die einen Verzicht seitens der Finanzverwaltung normiere, wenn die Erhebung nach Lage des Einzelfalls unbillig sei. Auch in diesem Fall sei aber eine lange Verfahrensdauer für sich allein noch kein Verzichtsgrund.

 

Hinweis

Die Entscheidung überrascht nicht, da ein Steuerpflichtiger, der den Erlass von verwirkten Zinsen erlangen möchte, regelmäßig sehr "dicke Bretter bohren" muss. Es entspricht nämlich der Rechtsprechung des BFH, dass eine lange Bearbeitungsdauerregelmäßignicht zu einem Entfallen der Zinsen führt (Hessischen FG v. 21.1.2014. 81; BFH, Urteil v. 19.3.1997, I R 7/96, BStBl 1997 II S. 446; s. a. Schwarz, AO, § 233a AO, Rz. 39 m. w. N.). Es wäre deshalb an den Klägern gewesen, hier besondere Umstände vorzutragen, die ausnahmsweise einen Erlass von Zinsen gerechtfertigt hätten. Die Begründung der Finanzrechtsprechung, dass es sich bei Zinsen nicht um eine Strafe handelt, sondern um einen Ausgleich für die Zurverfügungstellung von Kapital ist allerdings in der derzeitigen Phase von sehr niedrigen Zinsen nur eingeschränkt nachvollziehbar. Zu beachten ist, dass es für die Aussetzungszinsen in § 237 Abs. 4 i. V. m. § 234 Abs. 2 AO eine Sonderregelung für den Verzicht auf Zinsen im Einzelfall gibt. Die Voraussetzungen sind aber im Wesentlichen deckungsgleich mit den §§ 163, 227 AO, wenngleich Einzelheiten - insbesondere die Reihenfolgen der Rechtsanwendung - umstritten sind (s. Schwarz, AO, § 234 AO, Rz. 11ff.).

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 10.10.2013, 10 K 1162/11

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