Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Durch das sog. "Kroatiengesetz" ist mit Wirkung zum 1.1.2015 die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auch auf die Lieferung von Hörbüchern erweitert worden. Für alle Lieferungen von Platten, Bändern, nicht flüchtigen Halbleiterspeichervorrichtungen, "intelligenten Karten (smart cards)" und anderen Tonträgern oder ähnlichen Aufzeichnungen, die ausschließlich die Tonaufzeichnung der Lesung eines Buches enthalten (soweit nicht zu den jugendgefährdenden Schriften gehörend) gilt dann der Steuersatz von 7 %.
Nicht nur die Lieferung der Hörbücher, sondern auch die Vermietung von Hörbüchern fällt ab dem 1.1.2015 unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes.
Unter die Steuerermäßigung fällt aber nur die Lieferung eines körperlichen Gegenstands. Der Download eines Hörbuchs über das Internet unterliegt weiterhin dem Regelsteuersatz, da es sich um eine sonstige Leistung handelt, die nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen kann.
Ebenfalls nicht unter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes fällt die Lieferung eines Hörspiels. Hörspiele unterscheiden sich regelmäßig dadurch, dass ihnen ein Drehbuch zugrunde liegt, sie geben grundsätzlich nicht denselben Inhalt wie gedruckte Bücher wieder.
Ein Hörbuch liegt aber auch noch vor, wenn es sich der Verwendung von Musik und Geräuschen bedient, die der Illustration des Textes dienen. Auch kann die Lesung durch mehrere Vorleser erfolgen, soweit sich dies aus dem Buch ergibt (z. B. Dialoge in wörtlicher Rede).
Ist dem Verlag vom Urheber das Recht eingeräumt worden, neben der Herausgabe eines Buches nur eine Lesung zu veröffentlichen, ohne dass auch Hörspielrechte eingeräumt wurden, kann aus Vereinfachungsgründen das Erzeugnis als Lesung anerkannt werden.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung unterliegen dem ermäßigten Steuersatz aber nicht Hörzeitungen und Hörzeitschriften. Diese erscheinen üblicherweise periodisch und geben Informationen mit aktuellem Bezug aus Politik, Wirtschaft, Sport o. ä. Gebieten wieder.
Eine Sonderregelung ist von der Finanzverwaltung noch für die Fälle aufgenommen worden, in denen der Unternehmer dem Kunden ein gedrucktes Buch liefert, ihm aber gleichzeitig zu einem einheitlichen Kaufpreis das Recht einräumt, ein Hörbuch elektronisch über das Internet herunter zu laden. In diesem Fall liegen grundsätzlich 2 unterschiedliche Leistungen vor, für die das einheitliche Entgelt in einen dem Regelsteuersatz und einen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen Teil aufzuteilen ist. Bis zum 31.12.2015 wird es aber von der Verwaltung in diesen Fällen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer den Vorgang als eine einheitliche Leistung erfasst, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.
Konsequenzen für die Praxis
In den letzten Jahren ist immer wieder politisch gefordert worden, den ermäßigten Steuersatz abzuschaffen oder wenigstens die Anwendung erheblich zu vereinfachen. Kaum überraschend wird über dieses Ziel momentan nicht mehr so intensiv diskutiert, sondern eher für eine weitere Verkomplizierung der Anwendungsgrundsätze gesorgt. Dem vom EuGH immer wieder zitierten Durchschnittsbetrachter wird es kaum verständlich sein, warum die Lieferung eines Hörbuchs auf CD dem ermäßigten Steuersatz unterliegt und der Download aus dem Internet mit dem Regelsteuersatz zu besteuern ist. Das hier unterschiedliche systematische Grundsätze gelten, deren Änderung nicht in der nationalen Kompetenz stehen, kann langfristig nicht dazu herangezogen werden, nicht wenigstens auf gemeinschaftlicher Ebene für eine Änderung einzutreten.
Kleinlich wird es aber dann, wenn der für die Praxis wahrscheinlich sowieso schon eher seltene Fall der Lieferung von Hörbüchern durch die Finanzverwaltung dann auch noch dahingehend begrenzt wird, dass Hörzeitungen und Hörzeitschriften nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Dies ist zwar bei enger Auslegung des Gesetzes zutreffend, da Bücher und Zeitschriften unterschiedliche Wirtschaftsgüter sind, Sinn macht dies aber im Ergebnis nicht, da beides in gedruckter Form dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 1.12.2014, IV D 2 – S 7225/07/10002, BStBl 2014 I S. 1614