Leitsatz
Eine Schätzung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuer unter Verwendung eines selektiven Personalschlüssels ist nicht als sachgerechte Schätzung anzusehen; es besteht daher kein Vorrang gegenüber einer Schätzung anhand des Verhältnisses der gesamten steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen.
Normenkette
§ 15 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 UStG, Art. 173 Abs. 1 Unterabs. 2, Art. 174, Art. 175 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 96 Abs. 1, § 118 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Bank, optierte in den Streitjahren (2008 und 2009) für optionsfähige Bankleistungen nach § 9 UStG zur Umsatzsteuer. Die Vorsteuer für nicht direkt zuordenbare Eingangsleistungen teilte sie nach der sog. Philipowski-Methode auf.
Nach einer Außenprüfung erkannte das FA die Vorsteueraufteilung nach der sog. Philipowski-Methode nicht an und setzte die Umsatzsteuer höher fest. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das FG (FG München, Urteil vom 29.3.2017, 3 K 1858/13, Haufe-Index 10866470, EFG 2017, 1042) gab der Klage in vom FA nicht mit einer Anschlussrevision angegriffenen Punkten statt und wies die Klage im Übrigen ab. Es nahm u.a. an, das FA habe zu Recht die Anwendung der sog. Philipowski-Methode als nicht sachgerechte Schätzungsmethode abgelehnt.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Bank als unbegründet zurück. Die Annahme des FG, ein selektiver Personalschlüssel sei nicht sachgerecht, sei zutreffend.
Hinweis
1. Für die (Prüfung der) Vorsteueraufteilung gemäß § 15 Abs. 4 UStG bei Banken und Sparkassen nutzen Finanzverwaltung und Steuerpflichtige (nicht veröffentlichte) Berechnungshilfen und besondere Methoden: Z. T. wird von den Banken eine Kombination von Umsatzschlüssel und Personalschlüssel ("Philipowski-Methode") verwendet, an der ggf. weitere, bankspezifische Modifikationen vorgenommen werden.
2. Bei jeder (behördlichen oder gerichtlichen) Überprüfung der Schätzung der Banken ist zunächst peinlich genau zu beachten, dass nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStGder Unternehmer die nicht abziehbaren Vorsteuer-Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln darf. Die Kontrolle ist daher darauf beschränkt, ob die Schätzung des Unternehmers sachgerecht ist. Das bedeutet auch, dass nicht das präziseste Ergebnis verwendet werden muss (vgl. EuGH, Urteil vom 18.10.2018, C-153/17, Volkswagen Financial Services (UK), BFH/NV 2018, 1358, Rz. 51 und 53, m.w.N.).
3. Wichtig ist dabei jedoch, dass eine von der Bank gewählte Methode konsequent angewandt wird. Wird z.B. ein Personalschlüssel verwendet, der einen Großteil der Mitarbeiter, die auch an der Erbringung der Umsätze beteiligt sind, unberücksichtigt lässt (selektiver Personalschlüssel), ist dieser Verteilungsschlüssel nicht als sachgerechte Schätzung anzusehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.10.2019 – XI R 18/17