Nachdem bei einer unentgeltlichen Dienstwagenüberlassung für private Zwecke (unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG) vorrangig die Vorsteuerabzugsberechtigung des Arbeitgebers zu betrachten ist, muss im zweiten Schritt der Frage der Bemessungsgrundlage bei Versteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nachgegangen werden. Dabei ist erneut danach zu trennen, ob der Arbeitgeber den Dienstwagen erworben/hergestellt oder geleast/gemietet hat.
aa) Vom Arbeitgeber erworbener/hergestellter Dienstwagen
Mögliche unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG: Sofern der Arbeitgeber einen erworbenen oder hergestellten Dienstwagen unentgeltlich an einen Arbeitnehmer für private Zwecke überlässt, kommt eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG in Betracht. Denn nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG wird einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt "die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, des Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat."
Aufgrund des in § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vorausgesetzten Vorsteuerabzugs entfällt daher in den Fällen, in denen der Arbeitgeber aus den Erwerbs- oder Herstellungskosten des Dienstwagens keinen Vorsteuerabzug geltend machen darf, die (korrespondierende) Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und damit auch die Frage der Bemessungsgrundlage. Dies ist insbesondere der Fall, wenn:
- der Arbeitgeber den Dienstwagen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht seinem Unternehmensvermögen zuordnen kann, da der Arbeitnehmer ihn zu weniger als 10 % unternehmerisch nutzt,
- der Arbeitgeber nur steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzugsberechtigung nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG erbringt.
Die (korrespondierende) Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe entfällt zudem dann, wenn der Arbeitgeber den Vorsteuerabzug nur in Höhe der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung des Dienstwagens vorgenommen hat. Im Umkehrschluss bedeutet dies gleichsam, dass die (korrespondierende) Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG für die Privatnutzung des Dienstwagens durch den Arbeitnehmer von all den Arbeitgebern vorzunehmen ist, die aus den Erwerbs- oder Herstellungskosten den vollen Vorsteuerabzug geltend machen konnten und dies auch getan haben. Des Weiteren müssen die Arbeitgeber eine unentgeltliche Wertabgabe versteuern, die den Vorsteuerabzug anteilig ausgeübt haben und bei denen die tatsächliche unternehmerische Verwendung des Dienstwagens letztlich niedriger ist als im Zeitpunkt der Ausübung des anteiligen Vorsteuerabzugs unterstellt.
Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG sind nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die bei Ausführung der Umsätze entstandenen Ausgaben, die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Demnach finden Ausgaben ohne Vorsteuerabzug (z.B. Versicherungsprämien, Kfz-Steuer und Rundfunkbeitrag) keine Berücksichtigung. Die Erwerbs- oder Herstellungskosten des Dienstwagens sind auf den 5-jährigen Berichtigungszeitraum des § 15a UStG zu verteilen. Die ertragsteuerliche Abschreibung kommt nicht zum Ansatz. Die Erwerbs- oder Herstellungskosten von Elektro- und Hybriddienstwägen dürfen – anders als im Bereich der Lohnsteuer – nicht halbiert bzw. geviertelt werden (Abschn. 15.23 Abs. 5 Satz 4 Nr. 2 Satz 3 UStAE). Der sich ergebende Gesamtkostenbetrag ist ein Nettobetrag, auf den die Umsatzsteuer mit dem allgemeinen Steuersatz aufzuschlagen ist (Abschn. 15.23 Abs. 12 UStAE).
Beispiel 4:
Ein Arbeitnehmer erhält von seinem zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Arbeitgeber einen Dienstwagen unentgeltlich für sämtliche dienstlichen und privaten Fahrten. Nach den wahrheitsgetreuen Aufzeichnungen beträgt die jährliche Fahrleistung 20.000 km. Davon entfällt ein Anteil von 35 % auf private Fahrten. Der Dienstwagen wurde vom Arbeitgeber erworben und ist ihm somit zuzurechnen. Die Erwerbskosten beliefen sich auf 70.000 EUR (netto) zzgl. 13.300 EUR Umsatzsteuer. Für Versicherungsprämien, Kfz-Steuer und Rundfunkbeitrag fallen beim Arbeitgeber 3.000 EUR (netto), für sonstige Kosten (z.B. Treibstoff bzw. Strom, Wartung) 4.000 EUR (netto) zzgl. 760 EUR Umsatzsteuer pro Jahr an. Der Arbeitergeber war damit zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, da die unternehmerische Mindestnutzungsgrenze von 10 % nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG erfüllt ist. Der Arbeitgeber hat diese Möglichkeit genutzt und den vollen Vorsteuerbetrag von 13.300 EUR geltend gemacht. Das Gleiche gilt für die Vorsteuer aus den sonstigen Kosten i.H.v. 760 EUR.
Lösung 4: Da der Arbeitgeber die volle Vorsteuer aus den Erwerbskosten (wie auch den sonstigen Kosten) geltend gemacht hat, muss er die Privatnutzung des Dienstwagens durch den Arbeitnehmer der Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG unterwerfen. Die jährliche Bemessungsgrundlage ermittelt sich dabei nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG wie folgt:
Erwerbskosten Dienstwagen ... |