Dipl.-Finanzwirt (FH) Jürgen Feißt
Leitsatz
Die nach dem System des Halbeinkünfteverfahrens für Kapitalgesellschaften geltende Steuerbefreiung von Gewinnen aus Anteilsverkäufen ist auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Bei der GmbH & Co. KG A sind alle Gesellschafter Kapitalgesellschaften. A ist wiederum an einer Kommanditgesellschaft Y mit vermögensverwaltendem Charakter beteiligt, die ihrerseits Beteiligungen an anderen - teilweise ausländischen - Gesellschaften hält. Im Kalenderjahr 2002 veräußerte Y von ihr gehaltene Anteile an zwei spanischen Kapitalgesellschaften. Von dem Veräußerungsgewinn entfiel ein Betrag von ca. 2,8 Mio. EUR auf A.
Das Finanzamt setzte gegenüber A Gewerbesteuervorauszahlungen für 2002 fest. Dabei ging das Finanzamt von einem vorläufigen Gewinn aus Gewerbebetrieb aus, in dem auch der auf A entfallende Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der spanischen Kapitalgesellschaftsanteile enthalten ist. Gegen den Vorauszahlungsbescheid legte A Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, welche das Finanzamt ablehnte.
Entscheidung
Der Gewerbeertrag bemisst sich nach dem Gewinn aus Gewerbebetrieb - ermittelt nach den Vorschriften des EStG und KStG - vermehrt und vermindert um die Hinzurechnungs- und Kürzungsbeträge.
Nach dem für das Jahr 2002 geltenden § 8 b Abs. 2 KStG bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 a EStG gehören, außer Ansatz. Gemäß § 8 b Abs. 6 Satz 1 KStG gelten die Absätze 1 bis 5 auch für die dort genannten Gewinne, die dem Steuerpflichtigen im Rahmen des Gewinnanteils aus einer Mitunternehmerschaft zugerechnet werden.
Zur Auslegung dieser Regelung bestehen unterschiedliche Auffassungen.
Für die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, dass die Veräußerungsgewinne auf der Ebene der Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) der Gewerbesteuer unterliegen, spricht der Wortlaut des § 8 b Abs. 6 Satz 1 KStG. Denn dieser ordnet die Anwendung der Abs. 1 bis 5 ausdrücklich nur für den steuerpflichtigen Mitunternehmer im Rahmen seiner Gewinnermittlung, dagegen nicht für die Mitunternehmerschaft selbst an. Bei einem rein wörtlichen Verständnis dieser Vorschrift würde sich demnach die Begünstigung des § 8 b Abs. 1 bzw. Abs. 2 KStG erst nach Zurechnung des Gewinnanteils und nach der gewerbesteuerlichen Belastung auf der Ebene der Mitunternehmerschaft beim Mitunternehmer auswirken. Zudem hat nach der Rechtsprechung des BFH die Personengesellschaft bei der Gewerbesteuer Steuersubjekteigenschaft. Bei den Vorschriften des § 3 Nr. 40 EStG und des § 8 b KStG handelt es sich demgegenüber um personenbezogene Steuerbefreiungen, deren Anwendung von der Rechtsform des einzelnen Mitunternehmers abhängig ist. Dieser Eigenschaft als eigenständiges Steuersubjekt würde es aber widersprechen, wenn die persönlichen Verhältnisse der jeweiligen Mitunternehmer bei der Ermittlung des Gewerbeertrages der Personengesellschaft Berücksichtigung fänden. Auch praktische Erwägungen sprechen bei überschlägiger Prüfung dafür, auf der Ebene der zwischengeschalteten Personengesellschaft die Anwendung des § 8 b KStG auszuschließen. Denn anderenfalls müssten bei der Ermittlung des Gewerbeertrages einer Personengesellschaft, je nach dem, ob eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft an dieser beteiligt ist, die steuerlichen Wirkungen des § 3 Nr. 40 EStG (hälftige Freistellung) bzw. des § 8 b KStG (volle Freistellung) in Abhängigkeit von der Höhe des Beteiligungsanteils des jeweiligen Mitunternehmers jeweils anteilig berücksichtigt werden. Eine derartige Gewinnermittlung wäre insbesondere bei mehrstöckigen Personengesellschaften äußerst schwierig.
Andererseits sollen die Regelungen des § 8b KStG im Konzernbereich Mehrfachbelastungendurch Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer verhindern. Gestützt wird dies durch die Vorschrift des § 8 b Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 KStG, die bei der Ermittlung des Gewerbeertrages der Mitunternehmerschaft Anwendung finden sollen. Danach ist auf der Ebene der zwischengeschalteten Personengesellschaft der aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen erzielte Gewinn gewerbesteuerfrei. Begründet wird diese Ansicht damit, dass der Personengesellschaft zwar in gewerbesteuerlicher Hinsicht eine eigene Rechtsfähigkeit zukomme. Für die Ermittlung des Gewerbeertrages dieser Personengesellschaft sei jedoch - trotz des Vorliegens einer insoweit rechtsfähigen Mitunternehmerschaft - auf die ertragsteuerpflichtigen Mitunternehmer abzustellen, so dass die (personenbezogene) Vorschrift des § 8 b KStG dann Anwendung finde, wenn eine Körperschaft Mitunternehmerin sei. Für diese Auffassung spricht auch die Entstehungsgeschichte des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes. So hat die Bundesregierung im Zuge der Beratungen befürwortet, Bezüge im Sinne von § 8 b Abs. 1 bzw. Abs. 2...