Leitsatz
1. Für die Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze ist vor Anwendung der sog. Kostenaufschlagsmethode zu prüfen, ob die Vergleichswerte mithilfe der Preisvergleichsmethode ermittelt werden können. Das gilt auch für unbesichert gewährte Konzerndarlehen und unabhängig davon, ob die Darlehen von der Muttergesellschaft oder von einer als Finanzierungsgesellschaft fungierenden anderen Konzerngesellschaft gewährt worden sind.
2. Für die Beurteilung der Bonität ist nicht die durchschnittliche Kreditwürdigkeit des Gesamtkonzerns, sondern die Bonität der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft maßgebend ("Stand alone"-Rating). Ein nicht durch rechtlich bindende Einstandsverpflichtungen anderer Konzernunternehmen verfestigter Konzernrückhalt ist nur zu berücksichtigen, falls ein konzernfremder Darlehensgeber der Konzerngesellschaft dadurch eine Kreditwürdigkeit zuordnen würde, die die "Stand alone"-Bonität der Gesellschaft übersteigt.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin war in den Streitjahren die niederländische Y-N.V., eine international tätige Industrieholding. Eine weitere Tochtergesellschaft der Y-N.V. – Schwestergesellschaft der Klägerin – war die als Konzernfinanzierungsgesellschaft fungierende Z-B.V., die ebenfalls in den Niederlanden ansässig war.
Die Z-B.V. reichte an die Klägerin seit dem Jahr 1997 fortlaufend Darlehen aus, die eine Laufzeit von vier bis sieben Jahren aufwiesen – vorbehaltlich möglicher Sondertilgungen. Die vereinbarten Zinssätze betrugen zwischen 4,375 % und 6,45 %. Die Klägerin erklärte sich in den schriftlichen Darlehensverträgen zur Stellung ausreichender Sicherheiten bereit, "falls die Darlehensgeberin dies wünscht". Zur Stellung von Sicherheiten ist es jedoch bei keinem der Darlehen gekommen.
Zudem führte die Z-B.V. gegenüber der Klägerin ein Kontokorrent-Darlehenskonto. Insgesamt valutierten die Darlehen aus den Darlehensverträgen sowie dem Kontokorrent-Darlehen mit ... EUR zum 31.12.2002 und ... EUR zum 31.12.2003. Aufgrund dieser Verbindlichkeiten entstand der Klägerin ein Zinsaufwand von ... EUR im Jahr 2002 und ... EUR im Jahr 2003.
Die Klägerin nahm auch bei Banken Fremdkapital auf. So nahm sie einen Kreditrahmen bei der A‐Bank i.H.v. ... EUR in Anspruch. Der Kredit diente der "Betriebsmittelfinanzierung im Teilkonzern Y‐GmbH, sowie für Aval-/Akkreditiv- als auch Derivate-Geschäft". Die Sollzinsen betrugen 5,75 % p.a. für die Inanspruchnahmen im Kontokorrent. Als Sicherheit sah § 3 des Vertrags eine unbefristete selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft der Y-N.V. von ... EUR vor.
Das FA kam nach einer Außenprüfung zu der Auffassung, der für die von der Z-B.V. gewährten Darlehen in den Streitjahren gebuchte Zinsaufwand sei überhöht; die vereinbarten Zinssätze entsprächen nicht dem Fremdvergleich und seien deshalb teilweise als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu behandeln.
Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das FG legte seiner Entscheidung etwas höhere Vergleichszinssätze zugrunde als das FA (FG Münster, Urteil vom 7.12.2016, 13 K 4037/13 K,F, Haufe-Index 10231898).
Entscheidung
Die Revision der Klägerin war erfolgreich. Auch die Anschlussrevision des FA war insofern erfolgreich, als der BFH das FG-Urteil insgesamt aufhob und die Sache zurückverwies. Das FG wird unter Berücksichtigung der in den Praxis-Hinweisen niedergelegten Rechtsgrundsätze den fremdvergleichsgerechten Zinssatz in einem zweiten Rechtsgang ermitteln müssen.
Hinweis
1. Wie hoch darf der Zins für ein Konzerndarlehen sein? Mit diesen wenigen Worten lässt sich der Gegenstand des für die Unternehmensbesteuerung wichtigen Besprechungsurteils umschreiben. Der BFH hat jetzt wichtige Einzelfragen zur Zinshöhe, die in der Betriebsprüfungspraxis häufig kontrovers diskutiert werden, geklärt.
2. Im Streitfall hatte die Betriebsprüfung die von einer inländischen Konzerngesellschaft mit der niederländischen Konzernfinanzierungsgesellschaft vereinbarten Zinssätze für zahlreiche Darlehen als überhöht beanstandet und die Zinszahlungen deswegen zum Teil als verdeckte Gewinnausschüttungen qualifiziert. Da die niederländische Finanzierungsgesellschaft die Darlehensmittel ihrerseits teilweise bei Geschäftsbanken aufgenommen und die Gelder sodann weitergeleitet hatte, hielt es die Betriebsprüfung für sachgerecht, für den Fremdvergleich auf die Kostenaufschlagsmethode zurückzugreifen.
3. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Zentrale Aussage des Urteils ist, dass vorrangig mithilfe der Preisvergleichsmethode versucht werden muss, den fremdüblichen Zins zu ermitteln. Erst wenn ein Preisvergleich nicht möglich ist, kann die Kostenaufschlagsmethode, bei der die Selbstkosten des Darlehensgebers ermittelt und um einen angemessenen Gewinnaufschlag erhöht werden, angewendet werden. Im Einzelnen:
a) Die Ermittlung des fremdüblichen Zinssatzes für ein Konzerndarlehen ist im Kern keine Rechts-, sondern eine Tatfrage. Da ...