Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
5.1 Grundsätzliche Behandlung
Beiträge für die Zweiterschließung eines Grundstücks – etwa durch die erstmalige Herstellung einer weiteren Erschließungsanlage – stellen nach der Rechtsprechung des BFH nachträgliche Anschaffungskosten für den Grund und Boden dar, wenn sich der Wert des Grundstücks aufgrund einer Erweiterung der Nutzbarkeit erhöht. Dagegen werden die Erschließungsbeiträge grundsätzlich nicht als nachträgliche Anschaffungskosten angesehen, wenn durch die Zweiterschließung die bereits vorhandene Erschließungsanlage nur – etwa mit dem Ziel ihrer zeitgerechten technischen Verbesserung – ersetzt oder modernisiert wird. Es handelt sich dann um Erhaltungsaufwand. Etwas anderes gilt nur, wenn das Grundstück durch die Maßnahme in seiner Substanz oder seinem Wesen verändert wird.
Beiträge für die Zweiterschließung eines Grundstücks, mit der ein bisher durch eine private oder öffentliche Straße an das öffentliche Straßennetz angebundenes Grundstück zusätzlich erschlossen wird, sind nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens zu behandeln, wenn sich durch die Zweiterschließung der Wert des Grundstücks aufgrund einer Erweiterung der Nutzbarkeit, insbesondere einer größeren baulichen Ausnutzbarkeit, oder einer günstigeren Lage erhöht. Eine Werterhöhung aus anderen Gründen ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Ob durch eine Zweiterschließungsmaßnahme eine Werterhöhung bewirkt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
5.2 Einzelfälle
5.2.1 Eckgrundstück
Ein höherer Wert aufgrund einer durch eine Zweiterschließungsmaßnahme entstandenen Ecklage ist nicht generell, sondern allenfalls bei Grundstücken an Geschäftsstraßen sowie bei Grundstücken an Wohnstraßen anzunehmen, wenn auf ihnen Gebäude mit gewerblich genutzten Räumen, z. B. Eckläden oder Gastwirtschaften, errichtet werden können; die Annahme der Werterhöhung beruht bei derartigen Eckgrundstücken auf einer Steigerung der Ertragsfähigkeit, die durch die erhöhten Bewirtschaftungskosten nicht aufgehoben wird. Dagegen bedingt die Ecklage keinen Vorteil für Grundstücke, die für eine offene Bauweise oder für die Errichtung von Ein- und Zweifamilienhäusern vorgesehen sind; Gleiches gilt für Industriegrundstücke. Soweit die Ecklage keinen Vorteil in dem erwähnten Sinne darstellt, kann die Annahme einer Werterhöhung auch nicht allein darauf gestützt werden, dass die 2. Erschließungsanlage dem Grundstück eine weitere Zufahrtsmöglichkeit vermittelt. Führt ein zweiter Grundstückszugang allerdings zu einer wesentlich verbesserten Nutzbarkeit des Grund und Bodens, z. B. durch einen erleichterten Zuliefererverkehr oder Kundenzugang, liegen nachträgliche Anschaffungskosten auf den Grund und Boden vor.
5.2.2 Hinterliegergrundstück
Erhält ein Hinterliegergrundstück i. S. d. § 131 Abs. 1 BauGB durch eine Zweiterschließungsmaßnahme erstmals eine eigene, selbstständige und unmittelbare Zufahrt zu einer öffentlichen Straße, tritt hierdurch eine Werterhöhung dieses Grundstücks ein. Dies gilt auch für den Fall, dass das Hinterliegergrundstück und das trennende, bereits erschlossene Anliegergrundstück im Eigentum derselben Person stehen und das Hinterliegergrundstück entweder über eine Zufahrt über das Anliegergrundstück zu der öffentlichen Straße verfügt oder wenn es zusammen mit dem Anliegergrundstück einheitlich genutzt wird.