Zusammenspiel landesrechtlicher Steuerbestimmungen und kirchenrechtlicher Regelungen
[Ohne Titel]
Dr. Matthias Gehm
Die Kirchensteuer ist ein, sich durch das Zusammenspiel von landesrechtlichen Steuerbestimmungen und kirchenrechtlichen Regelungen auszeichnendes Rechtsgebiet. Dies lässt die Kirchensteuer zu einer anspruchsvollen Steuerrechtsmaterie werden, die im vorliegenden Beitrag – bezogen auf die Kirchensteuer vom Einkommen – in den Grundzügen dargestellt werden soll. Da sich die Landeskirchensteuergesetze der verschiedenen Bundesländer ähneln, wird hier exemplarisch das Recht des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen (NRW) herausgegriffen.
1. Rechtsgrundlage
a) Verfassungsrechtliche Grundlage
Art. 137 Abs. 6 Weimarer Verfassung (WRV), der über Art. 140 Grundgesetz (GG) als vollgültiges Verfassungsrecht ins GG inkorporiert wird, verleiht Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, das Recht, Steuern nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen zu erheben.
Verpflichtung der Bundesländer gegenüber den Kirchen: Daraus leitet sich ab, dass die Bundesländer verpflichtet sind, ein Kirchensteuersystem (KiSt-System) den Kirchen anzubieten, zu dem es gehört, dass notfalls mit Verwaltungszwang diese Steuer durchgesetzt werden kann.
Die Kirchen ihrerseits sind aber nicht gezwungen, von diesem Angebot des Staates Gebrauch zu machen. In den Verfassungen der Bundesländer wird diese staatliche Verpflichtung teilweise wiederholt; so beinhaltet Art. 22 Landesverfassung NRW (LV NRW) einen Verweis auf Art. 140 GG.
Das Recht der EU enthält keine Bestimmung zur KiSt, was auch damit zusammenhängt, dass die Kirchenfinanzierung in den verschiedenen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausfällt.
b) Landeskirchensteuerrechtliche Bestimmungen
Die Bundesländer regeln sodann in ihren Kirchensteuergesetzen (KiStG), wobei diese wie in NRW durch Durchführungsverordnungen (KiStGDV NRW) ausgefüllt werden, das KiSt-System.
c) KiSt-Ordnungen/-beschlüsse
Das staatliche KiSt-Recht wird durch kirchliche Bestimmungen sodann weiter ausdifferenziert. Diese Regelungen sind
- KiSt-Ordnungen und
- KiSt-Beschlüsse.
Diese kirchlichen Bestimmungen bedürfen aber der staatlichen Anerkennung (§ 16 KiStG NRW und § 6 KiStGDV NRW).
KiSt-Ordnungen: In den KiSt-Ordnungen sind geregelt:
- ob und welche Art der KiSt erhoben wird,
- wer Steuerschuldner ist,
- Beginn und Ende der KiSt-Pflicht und
- die KiSt-Verwaltung.
So regelt z.B. § 3 KiSt-Ordnung der Erzdiözese Köln, dass die KiSt als Zuschlagsteuer zur Einkommensteuer (ESt) und Lohnsteuer (LSt) sowie zur Kapitalertragsteuer (KapErtSt) erhoben wird, wobei § 51a EStG für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens Anwendung findet.
Beginn und Ende der KiSt-Pflicht werden in §§ 5, 6 KiSt-Ordnung der Erzdiözese Köln normiert, wobei – obgleich die römisch-katholische Kirche nach Can. 205 CIC keinen Austritt vorsieht – der nach staatlichem Recht vollzogene Austritt für die KiSt-Pflicht maßgeblich ist. Das Verfahren des Kirchenaustritts bestimmt sich in NRW nach dem KiAustrG NRW, wobei die Zuständigkeit des Amtsgerichts gegeben ist.
Nach § 2 Abs. 2 KiStG NRW erlassen im Bereich der römisch-katholischen Kirche die Diözesen und im Bereich der protestantischen Kirchen die Evangelischen Landeskirchen die KiSt-Ordnungen.
KiSt-Beschlüsse: Die KiSt-Beschlüsse regeln die Höhe der KiSt (§ 7 KiStGDV NRW); die Zuständigkeit für deren Erlass bestimmt sich nach den KiSt-Ordnungen (§ 2 Abs. 3 KiStG NRW). Näheres regelt z.B. für die Erzdiözese Köln § 4 der KiSt-Ordnung.
Beraterhinweis Da die KiStG der Bundesländer durch die kirchlichen Regelungen – nämlich KiSt-Ordnungen und -beschlüsse – ausgefüllt werden, ist es im kirchensteuerlichen Mandat notwendig, sich auch mit diesen Regelungen auseinander zu setzen. Es ist ggf. zu prüfen, inwiefern sie mit staatlichem Recht in Einklang stehen.
Der aktuelle KiSt-Beschluss der Erzdiözese Köln bestimmt einen Zuschlag von 9 % zur ESt/LSt/KapErtSt, wobei in Fällen der Pauschalierung von LSt/ESt (§§ 37a, 37b, 40, 40a Abs. 1, 2a sowie § 40b EStG) bei Geltendmachung der Vereinfachungsregelung nach Nr. 1 des gleichlautenden Erlasses der obersten Finanzbehörden der Bundesländer v. 8.8.2016 der Satz 7 % beträgt.
Zu beachten ist für Diözesen bzw. Landeskirchen, die sich über das Gebiet mehrerer Bundesländer erstrecken, dass die KiSt-Ordnungen und KiSt-Beschlüsse nach den Bundesländern unterschiedliche Regelungen enthalten; so etwa die diesbezüglichen Regelungen der Erzdiözese Köln, welche zwischen dem rheinland-pfälzischen und dem nordrhein-westfälischen Gebietsteil der Erzdiözese unterscheiden. Letzteres hängt damit zusammen, dass die Kirchen vor dem Entstehen d...