LfSt Niedersachsen v. 16.7.2018, S 2171 - 65 - St 222/St 221

 

I. Berücksichtigung der Grunderwerbsteuer bei der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG als sofort abziehbare Betriebsausgabe

Der BFH hat mit Urteil vom 20.4.2011, I R 2/10 (BStBl 2011 II S. 761) zur Frage der ertragsteuerlichen Behandlung der Grunderwerbsteuer aufgrund Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 GrEStG) entschieden, dass die infolge einer Sacheinlage von Gesellschaftsanteilen aufgrund Anteilsvereinigung ausgelösten Grunderwerbsteuern von der aufnehmenden Gesellschaft nicht als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren sind.

In seiner Begründung führt der BFH aus, dass Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts nur solche Kosten sein können, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dessen Beschaffung tatsächlich zuzuordnen seien. Ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung sei hingegen nicht ausreichend. Vielmehr komme es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen (finaler Begriff der Anschaffungskosten) an. Der durch das Grunderwerbsteuergesetz fingierte Erwerb der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücke finde im Ertragsteuerrecht keine Entsprechung. Die Verfügungsmacht über die Grundstücke sei weder rechtlich noch wirtschaftlich Gegenstand der Erwerbsvorgänge in Bezug auf die Geschäftsanteile. Insoweit fehle es ertragsteuerlich an einem über die reine Kausalität hinausgehenden inhaltlichen Zusammenhang zwischen Aufwendungen und dem Anschaffungsvorgang. Aus diesem Grund handele es sich bei der Grunderwerbsteuer um eine sofort abzugsfähige Betriebsausgabe.

Dieses Urteil ist im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht. Die bisherige Verwaltungsauffassung dazu ist damit überholt.

 

II. Berücksichtigung der Grunderwerbsteuer beim Wechsel im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a GrEStG als Betriebsausgabe

Mit Urteil vom 2.9.2014, IX R 50/13 (BStBl 2015 II S. 260) hat der BFH auch für den Wechsel im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft entschieden, dass die durch diesen Vorgang ausgelöste Grunderwerbsteuer keine Anschaffungskosten darstellt. Das Urteil, das zu einem Fall im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ergangen ist, wurde im Bundessteuerblatt II veröffentlicht und ist damit allgemein anzuwenden.

Als Begründung wird im Urteil ausgeführt, dass die Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG im Rahmen einer Fiktion erhoben werde. Gegenstand der Besteuerung sei nicht die geänderte Sachherrschaft (gesamthänderische Mitberechtigung/Beteiligung am Vermögen der Gesamthand) in der Person des einzelnen Neugesellschafters oder auch mehrerer Neugesellschafter, sondern die geänderte Zuordnung der Grundstücke auf der Gesellschaftsebene (Gesamthand als eigenständiger Rechtsträger) sei. Das Gesetz fingiere folglich mit Hilfe des Ersatztatbestands des Wechsels im Gesellschafterbestand einen zivilrechtlich nicht vorhandenen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang. Die Fiktion des Grundstücksübergangs gelte nur im Rahmen der Grunderwerbsteuer, während zivilrechtlich die Identität der grundbesitzenden Personengesellschaft unberührt bleibe. Auf der Ebene der Personengesellschaft liege ertragsteuerlich keine Anschaffung vor.

Die gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 14.2.2013, 2 K 2838/10 G, F eingelegte Revision wurde zurückgenommen.

Damit ist die Grunderwerbsteuer sowohl in Fällen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 GrEStG) als auch in Fällen des Wechsels im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG) als sofort abziehbare Betriebsausgabe/Werbungskosten zu behandeln.

Die Rundverfügung vom 19.1.2012 hebe ich hiermit auf.

 

Normenkette

EStG § 4

EStG § 5

GrEStG § 1 Abs. 2a

GrEStG § 1 Abs. 3

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